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So ruhig, als wäre nichts geschehen, sah er sie an: „Über alles, alles zur Tagesordnung übergehen!“

Sie erschrak. Warum? Ja: das war ihr Motto gewesen. Hinauskommen können über alles Persönliche: der gesicherte Mensch. Von ihm hatte sie es gehört und begriffen und verstanden. Aber die glühende Überzeugung hatte es nicht in ihr ausgelöst. Nur jenes andere Wort von ihm, aus dem sein Motto entsprungen war, das war ihr aus der Seele gesprochen: „Das jammernde Leid ist häßlich.“ Mit jeder Fiber hatte sie das gefühlt. Ächzend, winselnd, stöhnend am Boden kriechen, eine Beute des eigenen Leides: das war grauenhaft häßlich. Überall sah sie

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Grete Meisel-Heß: Suchende Seelen. Leipzig 1903, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Suchende_Seelen_(Meisel-He%C3%9F).djvu/019&oldid=- (Version vom 31.7.2018)