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fernen Mutter denkend, im Gärtlein hinter der Westseite des Hauses, das der Oberst schon zu Anfang seiner Ehe angeleget und gegen das grobe Raubzeug mit einer hohen Mauer hatte umschließen lassen. Die Singvögel waren schon zur Ruh gegangen; aber der Würzedurft von Nelken und Jasminen erfüllete ihn ganz; die Sterne schimmerten so ruhig, es war eine warme Sommernacht.

     Da ich eben auf dem breiten Steige an dem Hause hinaufging, hörte ich unfern eine Eule schreien, die ich für den frechen Waldkauz wohl erkannte; dann war es wieder, als ob in einen Baum geworfen würde, und es polterte etwas durch das Gezweig zur Erde. Ich stand still; es kam noch einmal, und »ksch, ksch!« rief eine kleine zornige Stimme; »flieg doch zu deinen Teufeln!« 

     »Wer ist das?« frug ich mich selber; und wiederum, schon ganz in meiner Nähe, fiel etwas durch die Zweige eines großen Dornbaumes; aus einem offenen Fenster zur Seite einer Gangthür, so aus dem Hause hier in den Garten führete, rief eine müde Stimme, wie aus schweren Kissen: »Laß nur den Vogel, Kind; die Nacht bleibt doch lebendig!« 

     Und im Sternenschein sah ich eine halb aufgeschossene Dirne, schier im bloßen Hemde, in dem offenen Fenster stehen: »Abel!« rief ich, »führest Du Krieg hier mit den Eulen?« 

     »Ja, Herr Magister!« rief das Kind fast weinend,

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Theodor Storm: Zur Chronik von Grieshuus. Berlin: Paetel, 1885 (2. Auflage), Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Storm_Zur_Chronik_von_Grieshuus_111.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)