wahre Feiertage. Die Briefe fliegen nur so ins Haus, per Sie und „mit den besten Wünschen“ schliessen sie. Armer Kerl! Wie muss ich lachen! Wirklich du kannst reizend sein.
Aber ich verwünsche dich auch. Mein armer Stolz! Was machst du draus?
Dann fluche ich dir und sage dir Dinge – doch fasse ich mich schnell und küsse dir die Füsse.
Oft glauben wir: nun ists aus, aus und vorbei. Ade auf Nimmerwiedersehn! Drüben stehst du an der Strassenecke, rasend, frierend und bewachst meine Thür mit wütendem, blutendem Herzen. Und ich hocke hinter der Gardine und brüte und leide. Alles ist aus! Doch am dritten Tag, wer kommt zur Thür herein, strahlend und schüchtern, mit Blumen, als wäre nichts geschehen, überhäuft mich mit zärtlichen Fragen, hält mir den Mund zu: „Sprich nichts! nur davon nichts! Nur nichts von diesen schrecklichen Tagen!“ und weint und lacht und nimmt mich wieder in seine Arme?
Das Beste vom Zanken ist doch die Versöhnung. Man atmet auf wie nach einer grossen Arbeit. Ach, ist das schön! Eine wahre Erlösung. Wir ruhen auf unseren Lorbeeren aus, so vergnügt, wie neugeboren! „Lebst du noch? Sag, und hast du mich lieb?“ Das ist ein Glück und ein Beglücken! Und das alles hat etwas Grossmütiges, Frisches. Wir sind ganz gerührt, finden keine Worte. Ich frage nur leise: „Ja?“ und du jubelst: „Ja! ja!“
Allein die Angst und die Sorge! Ich werde sie nicht los. Du freilich schiltst mich und hast grosse Worte. –
Manchmal kann ich dich nicht leiden. Dann geberdest du dich wie ein Wahnsinniger und willst dich auf den Kopf stellen. Das entwaffnet mich. Was thun? Und ich trage dich wieder auf Händen.
Du lebst von meiner Gnade, ich fühle meine Macht. Drum habe ich Erbarmen. Nimm das Glück, nimm und gieb!
Man lebt ja nur einmal. Freund, da hast du recht, mein Leben aber sei schön, geliebter Freund, und seine Schönheit bist du, Geliebter!
Ich schlafe. Da höre ich ein Lied durch die Nacht. Ich springe auf – wo ist ein Mantel? – und eile auf den Balkon. Dort glühn deine roten Violen. Lau ist die Luft, die Strasse wie eine stille Halle. Und da kommt mein Schatz daher! Deine hohe Gestalt, dein beflügelter Schritt – wie ein Glücksbringer nahst du und winkst strahlend herauf. Ich werfe dir eine Blume zu. Du küssest sie und schwenkst den Hut. Ich höre dein leises : „Schlafe süss!“ Damit ist’s aus. Mich umtönt dein Lied und ich kann nicht mehr schlafen vor Glück.
Weisst du das Wetter? Wir flüchten unter Bäume. Es blitzt durch das Dunkel. Ein Strahl erhellt dein Antlitz, wieder einer – wie schön! Die Donner rollen. Wir schmiegen uns an einander. Es regnet in Strömen aus Wolken und Zweigen. Auch Küsse regnets. Wir lachen des Wetters. Aufrecht stehn wir, pudelnass und pudellustig. Es giesst und giesst, wir triefen nur so. Die Donner brüllen. Zick – Zack! gehts durch die Luft. Wenn uns der Blitz erschlüge, dich und mich derselbe Blitz! Wir halten uns immer fester. Der Himmel will alles in Scherben hauen. Blitze tanzen und zucken wie Dolche und, als berste die Welt, ertönt ein Gekrach. – Wir sehn und hören nichts mehr.
Wann regnet es wieder? Es war so schön! Donnerrollen, Blitzeszucken, Liebeswonne – o die herrlichen Naturerscheinungen!
Juliane Déry: Selige Liebe. Fischer Verlag, Berlin 1896, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Selige_Liebe_(D%C3%A9ry).djvu/002&oldid=- (Version vom 31.7.2018)