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SELIGE LIEBE.
PHANTASIE
VON
JULIANE DÉRY.

Dein Löwenhaupt sitzt auf einem festen Nacken. Dein Auge blitzt, dein Antlitz strahlt, du hast ein herrlich Profil und einen Wald von Haaren. Siehst prächtig aus mit deinem goldenen Bart, schön fürwahr, kannst aber auch garstig sein, naiver Egoist, wild und weich zugleich. Dein Machtwort lautet: „Ich pfeif auf die Welt!“ Doch wenn ich dich kränke, weinst du. Hüne mit dem Kinderherzen, Wüstenthier und deutscher Michel! Dein Genie tobt, du machst tolle Streiche, grosses Kind, so derb und schlicht, dass ich die Hände zusammenschlagen muss und rufen: „Herrgott, wie bist du dumm!“ Hältst es mit Gevatter Schuster und Schneider und sagst dem König offen deine Meinung. Und deinen Feind behandelst du so: Du gehst auf ihn zu und sagst: „Heut ist ein Wetter, dass man seinem Todfeind die Hand drücken möchte“, und du thust es, mag der Dummkopf denken, was er will. Du hassest mit lachendem Antlitz und schimpfst mit Thränen in den Augen. Du verhöhnst den Papst und lobst Gott oder schweigst und behandelst ihn mit gar viel Zartgefühl.

Mein weicher Riese, der wie ein Löwe liebt! Und ob du mich liebst! Und ob du mich quälst! Und ob ich selig bin! Du bist ein verfluchter Kerl!

* * *

Aber wie kann man nur so eifersüchtig sein? Dein Benehmen nur, wenn wir unter Leuten sind oder gar in lustiger Gesellschaft! Als littest du Höllenqualen, machst du ein Gesicht. Der steinerne Gast ist neben dir ein fideler Kauz. Ich muss immer zittern. In deinen Augen wetterleuchtets. Du beisst dir auf die Lippen. Weil ich fröhlich bin. Ich darf nicht lachen, mit niemand reden. Du bringst jeden gleich um. Kreidebleich sitzt du da. „Was hat er?“ fragt man, „ist er krank?“ Dass ich mich geniren muss und mir alle Lust vergeht.

Warum du mir nur nicht traust und warum gleich so hässliche Worte?

Und dann sagst du: ich mache dir Scenen!

Doch zürne nur! Nie bist du so gut, als wenn du böse bist, und so galant, nicht zum Erkennen. Tausend kleine Liebesdienste fallen dir ein, mich zu beschämen. Wie habe ichs da gut! Du spielst den Edelmütigen und bist von einer Aufmerksamkeit, von einem Eifer, mir zu dienen! Und das alles mit einer Miene: „Siehst du, wie ich bin!“ Für mich sind das

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Juliane Déry: Selige Liebe. Fischer Verlag, Berlin 1896, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Selige_Liebe_(D%C3%A9ry).djvu/001&oldid=- (Version vom 31.7.2018)