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Räuber Moor öfnet die Gartenthüre.

Amalia fährt zusammen. Horch! horch! Rauschte die Thüre nicht? Sie wird Karln gewahr, und springt auf. Er? – wohin? – was? – da hat michs angewurzelt, daß ich nicht fliehen kann – verlaß mich nicht, Gott im Himmel! – Nein, du sollst mir meinen Karl nicht entreissen! Meine Seele hat nicht Raum für zwey Gottheiten, und ich bin ein sterbliches Mädgen! Sie nimmt Karls Bild heraus. Du, mein Karl, sey mein Genius wider diesen Fremdling, den Liebestörer! dich, dich ansehen, unverwandt, – und weg alle gottlosen Blicke nach diesem sie sizt stumm – das Auge starr auf das Bild geheftet.

Moor. Sie da, gnädiges Fräulein? – und traurig? – und eine Träne auf diesem Gemälde? – Amalia gibt ihm keine Antwort. – Und wer ist der glückliche, um den sich das Aug eines Engels versilbert? darf auch ich diesen Verherrlichten – er will das Gemälde betrachten.

Amalia. Nein, ja, nein!

Moor zurükfahrend. Ha! – und verdient er diese Vergötterung? verdient er? –

Amalia. Wenn Sie ihn gekannt hätten!

Moor. Ich würd ihn beneidet haben.

Amalia. Angebetet, wollen Sie sagen.

Moor. Ha!

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Friedrich Schiller: Die Räuber. Frankfurt und Leipzig: 1781, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Schiller_Die_R%C3%A4uber_157.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)