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Mit der Sparsamkeit, der Geschicklichkeit und dem Fleiße verbinde man Ordnungsliebe. Alles zur rechten Zeit und an der rechten Stelle gethan, fördert jede Arbeit, sichert ihr Gelingen, und macht Freunde. Ordnung verräth Verstand, und durch diesen führt man fast jedes reiflich durchdachte Unternehmen glücklich aus. Wer die Ordnung liebt, der gewinnt an Zeit, wie an Zufriedenheit. Sie verhütet viel Ungemach, in das sich der Unordentliche stürzt.

Man bleibe auf seiner Lebensbahn, mag man ein Geschäft betreiben, welches man will, nie still stehen, vermehre stets seine Einsichten, vervollkommene sie, und man liefert Arbeiten, die zugleich nähren, und ehren. Im Menschenleben bleibt nichts dasselbe, Alles schreitet vorwärts zum Besseren. Daher ist es Torheit, zu wähnen, man habe in seinem Fache den höchsten Gipfel der Vollkommenheit erreicht. Das Bessermachen sey Grundsatz, und wer das Beste liefert, der erhält den meisten Gewinn.

Wer reich werden will, der besuche nicht jeden Tag öffentliche Örter, wo Müßiggang, Prunk und Genuß schwere Ausgaben verursachen. Man darbe sich nicht das Nothwendige ab, aber man vermeide auch Üppigkeit und Verschwendung. Man bleibe zu Hause, und arbeite Morgens und Abends eine Stunde länger, als gewöhnlich, und reichlicher Lohn vergilt die aufgewandte Mühe. Luxus stürzt ins Verderben und blendet nur die Kurzsichtigen. Weise Sparsamkeit erwirbt sich die Achtung des Biedermanns und im Nothfalle reicht dieser dem fleißigen gern seine helfende Hand.

Kaufe, was du nicht nöthig hast und du wirst bald verkaufen müssen, was dir unentbehrlich ist. Viele haben sich durch nichts Anderes zu Grunde gerichtet, als durch ihr wohlfeiles Einkaufen. Die Eitelkeit ist eine Bettlerin, die eben so dringend als die Armuth, aber noch weit unverschämter ist.

Man gewöhne sich frühzeitig an den Gedanken, daß das Leben von der Wiege bis zum Grabe eine Erziehungsund Prüfungsschule ist, und wer Gott fest vertrauet, der läßt in der Noth den Muth nicht sinken. Entschlossen beginnt er sein Werk, setzt es getrost fort und erfüllt gewissenhaft seine Pflicht. Der Mensch ist weder zum Glücke noch zum Unglücke geboren; er soll alle Kräfte seines Körpers und Geistes zweckmäßig ausbilden, verständig brauchen und tugendhaft leben. Wer dieses Ziel immer vor Augen behält, der erwartet nicht vom blinden Geschicke, was er sich durch Fleiß, Einsicht, Muth, Gottvertrauen selbst verschaffen kann.

Goldene Lehren.

Nebst Franklin und Montaigne liefert Niemand so treffliche Lehren für das Leben als Kant, der vorzüglich reich daran in seiner erst 1831 erschienenen Menchenkunde ist, aus der wir hier Einiges mittheilen wollen. Jemand fragte: ob die Bauern, wenn sie aufgeklärt würden, wohl zu regieren seyen. ‚O, ja! Leute, die Vernunft haben, sind besser zu regieren, als die Unwissenden und Rohen, und je klüger die Bauern sind, desto besser werden sie regiert werden können.‘ Reiche Unterthanen sind leichter zu regieren, als Arme; denn die Armen wagen, weil sie nicht viel oder nichts haben, Alles; die Reichen aber leben lieber ruhig und gemächlich. Überhaupt macht die Aufklärung des Verstandes die Menschen gut gesinnt.

Der Betrüger scheint klüger zu sein, als der Betrogene, und man hält diesen gewöhnlich für dumm, aber dieß ist falsch; denn der Kluge wird oft vom Dummen betrogen. Der Kluge hat Zutrauen zu dem Dummen und dieser macht ihm Blendwerke vor, und da jener bloß aus Rechtschaffenheit in Andere kein Mißtrauen setzt, so kann der Klügste hintergangen werden.

Die Sorglosigkeit ist das Glück roher, ungebildeter Menschen, und sie mögen es wirklich besser haben als die, welche auf die Zukunft Vorbereitung treffen die noch ungewiß ist, und sich also das Leben sauer machen, weil sie künftige Plagen in den gegenwärtigen Genuß mischen. Daher ist es eine Hauptmaxime: man muß im Leben nichts Großes weder in Ansehung des Glücks noch des Unglücks erwarten. An beide gewöhnt sich der Mensch, so daß ihm mit der Zeit das Übel gewohnt und das Glück unschmackhaft wird.

Dem Menschengeschlecht ist nicht anders zu helfen, als daß es über Alles urtheilt, und so seine Ideen verbessert.

Der gesunde Menschenverstand ist sehr brauchbar und nützlich, aber man muß auch dafür sorgen, daß der gesunde Verstand immer gesund bleibt. Dieß geschieht durch gute Grundsätze. Der gesunde Verstand ist ohne sie sehr leicht zu verführen; man muß also wissen, ihn vor Verführung zu schützen.

Der Kampf des weißköpfigen Adlers und des Fischaars.

Am Rande des Wasserfalles des Niagara, auf dem Sande und in den Felsenritzen, spähen zahlreiche Raubvögel die Fische auf dem Strome, welche auf dessen Oberfläche spielen, oder die Schaaren von Eichhörnchen, Damhirschen und Bären aus, welche oberhalb des Wasserfalls durch den Fluß zu kommen versuchen, aber, von der Schnelligkeit des Stromes mit fortgerissen, in den Abgrund gezogen werden.

Hier finden alle Raubvögel ohne Mühe eine reichliche Nahrung, allein die geschicktesten und stärksten darunter haben oft einen gewandtern und stärkern Feind, dessen Blick alle ihre Bewegungen beobachtet, und sie in stetem Schrecken erhält. Dieser Feind ist der weißköpfige Adler.

Der weißköpfige Adler lebt unter allen Breitengraden, geht an allen Orten auf Beute aus, ob ihn schon sein Geschmack an Fischen öfters an den Meeresstrand lockt, und erträgt sowohl die strengste Kälte, als die größte Sonnenhitze. Man hat ihn mitten in Wolken schweben sehen, aus denen Blitze schossen. Aus den hohen, ewig kalten Regionen der Atmosphäre überschauet er mit einem Blicke die ungeheuere Ausdehnung der Wälder, der Seen, und des Ozeans, wählt für seinen Flug ein Ziel, und stürzt in einem Augenblicke nach Belieben an Einem der Enden der Erdkugel mitten im Sommer oder Winter herab.

Wenn er auf dem Gipfel eines ungeheuer hohen Baumes verweilt, der fernhin die Erde und das Wasser beherrscht, so beobachtet er stolz und ruhig die verschiedenen Bewegungen der Raubvögel der zweiten Ordnung unten, z. B. der Möven, der Strandläufer, der Kraniche, der Raben; allein wenn er den Fischaar (PANDION HALIAETUS SAVIGNY) entdeckt, so belebt sich sein Auge, sein Hals verlängert, seine Federn sträuben, seine Flügel breiten sich halb aus, und zittern vor Erwartung.

Das Rauschen, das der Fischaar bei seinem Fluge macht, welcher mit der Schnelligkeit des Pfeils herab steigt, berührt sein Ohr; er sieht, wie er den Meeresschaum aufregt, bald wieder in die Höhe steigt und mit Freuden- und Siegesgeschrei einen Fisch trägt, der sich vergebens zwischen seinen Krallen sträubt. Dieses

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diverse: Das Pfennig-Magazin/Heft 3. , 1833, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_PfM_1833_05_18_nr_03.djvu/7&oldid=- (Version vom 7.11.2023)