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Die Feuersbrunst breitete sich immer weiter aus, und verzehrte das Holzwerk des Dachs mit solcher Schnelligkeit, daß gegen 9 Uhr das ganze Dach des Chors und die Dächer des Kreuzstocks nebst dem dritten Teile des Dachs des Schiffs zusammenstürzten. Erst nach mehrern Tagen wurde man völlig Meister des Feuers, und man konnte die Erhaltung des verstümmelten Hauptgebäudes, Eines der schönsten Denkmäler der gothischen Baukunst, sichern.

Seit diesem Brande war die Stadt Rouen gewissermaßen entstellt, weil sie Eine ihrer schönsten Zierden verloren hatte; allein jetzt sucht man dieses Denkmal der Vorzeit wieder aufzubauen, und man ist mit dieser Arbeit schon weit vorgerückt. Der Baumeister, der dasselbe wiederherstellt, heißt Alavoine.

St. Kilda.

Hat man von Eldorado gehört? von der glücklichen Felseninsel? Gewiß, und mit Unmuth Beide als Mährchen kennen gelernt. Immerhin! Eldorado ward von Abentheuern aller Nationen gesucht, weil sie das Glück in den Besitz vielen Geldes setzten. Da würden sie sich getäuscht haben, wenn sie es auch gefunden hätten. Aber es giebt ein anderes Eldorado. Wenigstens existirte es noch vor etwa 40 Jahren; es giebt eine Insel, wo Genügsamkeit, Zufriedenheit, Gesundheit und alles, was zum Leben schlechterdings nothwendig ist, im reichsten Maaße angetroffen wird und wo man daher das Leben verwirklicht sieht, das so viele Dichter nur in ihrer Phantasie zu finden wußten. Das glückliche Eiland ist St. Kilda.

Eine der Hebrideninseln, in der Nähe von Schottland. Auf ihr, die nicht größer als fünf englische Meilen, ohne Bäume, ohne Gesträuche, sogar von Basaltfelsen umgeben ist, die, 150-200 Klaftern hoch, eben so viel Bollwerke gegen die Wogen des brüllenden, schäumenden Weltmeeres sind, wohnten vor 40 Jahren, vielleicht noch jetzt, in glücklicher Einfalt 180 Menschen (jetzt soll sie nur 80 haben), denen der Ocean die Gränze der Welt war, von denen nur selten Einer nach einer benachbarten Insel und fast nie hinüber nach Schottland kam. In niedrigen, aus Steinen erbaueten, mit Schilfe gedeckten Hütten, auf Stroh gebettet, in Schaafpelze gehüllt, oder in lederne Jacken gekleidet, leben sie von Vögeln, deren Menge oft die Luft verfinstert, die sie zu Tausenden tödten; von Eiern, die sie zu Hunderttausenden finden, von frischen Kräutern, Gersten- und Haferbrod. Rind- und Schaaffleisch ist ein Leckerbissen; Salz und Gewürze sind ganz unbekannt. Haferbier vertritt die Stelle von Wein und Cyder, Branntwein und allen andern geistigen Getränken; doch das reinste Felsenquellwasser ist das gewöhnlichste, alltägliche Getränk.

Mit Schönheit ausgestattet, blühend roth und blendend weiß, stark, wie keiner der Nachbarn, kannten die Bewohner keine Krankheit. Arbeit hatten sie nicht, doch gruben sie ihr Feld; Fisch- und Vogelfang war ihnen Sache des Vergnügens, der Kunst, der Fertigkeit, der Geschicklichkeit, und keine saure Arbeit.

Steil und senkrecht sind die Felsen, wo die Vögel nisten, schauerlich stehen die Spalten jähe von einander gerissen, und tobend sausen die Wogen des brandenden Meeres umher. Immer mit dem Tode kämpfend, fahren die Einwohner kühn an diesen Wänden mit Hülfe von Säcken herunter, springen von einem Abgrunde zum andern und erklimmen diese, sich mit Händen und Füßen und Knieen und Ellenbogen anhaltend und stützend. Der Jüngling sucht sich wetteifernd vor den Andern auszuzeichnen, und wagt sich von einem Felsen zum andern, wo kaum die Zehe, geschweige der Fuß Platz finden kann.

Eine einzige Felsenschlucht bildet den Landungsplatz zu dieser Insel, welche daher der freieste Staat ist, den man sich Denken kann; denn welche Flotte sollte hier vor Anker legen, die den Brandungen Trotz bieten könnte? Altes Herkommen bestimmt, was der Herr der Insel, ein Lord Mac-Leod, fordern darf. Er sendet jahrlich einmal einen Voigt dahin, um einen kleinen Tribut zu erheben und empfängt von Zeit zu Zeit einige Deputate, die ihn für größer, als den ersten Monarchen halten und daheim von nichts zu erzählen wissen, als wie derselbe reiten könne, und wie er Glasfenster und Fernröhre und Bäume und Wälder habe; Dinge, die ihnen das Wunderbarste sind. Menschen von solcher Denkungsart, von so wenig Bedürfnissen, kennen wenig Gesetze, haben keinen zu fürchten. So sicher ist England vor auswärtigen Feinden nicht, als dieß kleine unbekannte Eiland hinter seinen himmelhohen Felsen.

Wie das Alles jetzt ist, wissen wir nicht. Wer reiset wohl nach dieser Insel, wo es nichts zu lernen giebt, als wie man glücklich sey in der Zufriedenheit, wo es nichts zu sehen giebt, als glückliche Menschen? Seit 1782 bis 1790 hat sie Niemand besucht oder wenigstens nichts darüber

bekannt gemacht. Wer weiß, ob sich seitdem nicht auch hier die Unzufriedenheit einschlich. Aber es war hier doch ein glückliches Arkadien, das goldne Zeitalter, und nur Eines fehlte den Bewohnern der Insel, um sie zum glücklichsten Volke zu machen: das Bewußtsein ihres Glücks, der Gedanke, daß Gold und Silber nichts gegen Zufriedenheit, Genügsamkeit und Freiheit sind. Sie übten ihn praktisch, ohne ihn mit Worten abzusprechen. Die Gesegneten!

Die Kunst, reich zu werden.

So schwer auch diese Kunst ist, und so Wenige darin Meister sind, so haben doch der berühmte Franklin und einige Andere treffliche Lehren darüber gegeben, die man nicht genug beherzigen kann; allein andere Zeiten erfordern andere Regeln, und mit der Denkart ändert sich der Weg zum Reichthume. Sparsamkeit ist zu allen Zeiten nützlich; wer zweckmäßig spart, der beweiset Verstand und Einsicht, aber mit dem Sparen reicht man in Zeiten nicht aus, wo der Erwerb so mißlich und sauer ist als jetzt. Man muß mehr arbeiten, und dabei mehr Geschicklichkeit beweisen als sonst; wer nicht fleißig ist, und sein Geschäft gründlich versteht, der wird von Andern, die emsiger und geschickter sind, um Arbeit und Brod gebracht. Man muß seine Arbeiten wohlfeil liefern, und diese müssen eben so geschmackvoll als zweckmäßig seyn, wenn man Käufer anlocken will. Wohlfeilheit veranlaßt einen schnellen Umsatz und gute Waare zaubert Kunden herbei, die man nicht leicht verliert. Man vermeide daher alle unnötigen Ausgaben, arbeite emsig, verständig und länger, und der erworbene Pfennig wird für den bald zum Groschen, der klug zu sparen versteht. Die Sparsamkeit ist eine Glück und Ansehen fördernde Tugend, und unterscheidet sich eben so sehr von der Knickerei, als von der Verschwendung. Ein Groschen, ein Taler, zweckdienlich angewandt, bringt Wohlstand und Segen ins Haus.

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diverse: Das Pfennig-Magazin/Heft 3. , 1833, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_PfM_1833_05_18_nr_03.djvu/6&oldid=- (Version vom 7.11.2023)