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an das Glas drückte, wie um etwas drüben am Sänftenfenster zu erkennen, dann aber plötzlich wie ein Wahnsinniger die Hände vor den Kopf schlug, als hätte er etwas Gräßliches erblickt, sich auf die Knie warf und die Haare raufte. – Dann sprang er auf und raste mit solcher Schnelle in der Flasche herum, daß man bei den spiegelnden Verzerrungen manchmal nur noch ein helles, umherflatterndes Tuch zu sehen vermeinte.

Groß war auch das Kopfzerbrechen im Publikum, was es denn eigentlich mit der „Dame in der Sänfte“ für eine Bewandtnis habe; man konnte wohl wahrnehmen, daß ein weißes Gesicht an die Sänftenscheibe gepreßt war und unbeweglich zur Flasche hinübersah, – alles andere aber verdeckte der Schatten, und man war auf bloßes Raten angewiesen.

„Was nur der Sinn dieses unheimlichen Puppenspiels sein mag,“ flüsterte der blaue Domino und schmiegte sich ängstlich an den Junker Hans.

Erregt und mit gedämpfter Stimme tauschte man seine Meinungen aus.

Einen so recht eigentlichen Sinn habe das Stück nicht, – – nur Dinge, die nichts Gehirnliches bedeuten, könnten den verborgenen Zutritt zur Seele finden, – meinte ein Feuersalamander, und so, wie es Menschen gäbe, die beim Anblick der wässerigen Absonderungen blutleerer Leichen, von erotischem Taumel geschüttelt, kraftlose Schreie der Verzückung ausstießen, so gäbe es gewiß auch – – – –

„Kurz und gut, – Wollust und Entsetzen wachsen auf einem Holz,“ unterbrach die Fledermaus, „aber glaubt mir, ich zittere am ganzen Körper vor Aufregung, es liegt etwas unsagbar Grauenhaftes in der Luft, das ich nicht abschütteln kann, immer wieder legt es sich um mich, wie dicke Tücher. – Geht das von dem Puppenspiel aus? Ich sage nein; – auf mich strömt es vom Prinzen Darasche-Koh über. Warum sitzt er so

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Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/136&oldid=- (Version vom 31.7.2018)