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immer breiter drängen die rosa Gestalten, und in ihrer Mitte wankt ein dunkler, gebückter, menschlicher Schemen, gefesselt an Händen und Füßen. – Es geht zum Richtplatz, – zwei gekreuzte Schinkenknochen bezeichnen die Stätte. Schwere Ketten von Knackwürsten hängen an dem Gefangenen nieder und schleppen ihm nach in dem wirbelnden Staube. –

– Die Querpfeifen sind verstummt, es steigt der Kantus:

„Das ist der Selcher Schmal,
Das ist der Selcher Schmel,
das ist der lederne Selcher Schmel,
          sa, sa
     Selcher Schmel.
Das ist der Selcher Schmel!

– – – – – – – – – – – –

Jetzt haben sie Halt gemacht, sammeln sich im Kreise und harren des Urteils. Der Gefangene soll sagen, was er zu seiner Verteidigung vorzubringen hat. Jedes Schwein weiß doch, daß man dem Beschuldigten alle Anklagspunkte zu nennen hat, genau so, wie in einem Offiziers-Ehrenrate. – –

Ein riesiger Eber mit blutiger Schürze hält die Verteidigungsrede.

Er weist darauf hin, daß der Angeklagte nur im besten Glauben und in flammender Begeisterung für die heimische Industrie zu handeln vermeinte, als er tausende und abertausende der ihrigen dem Magen der Großstadt überlieferte.

Alles umsonst. – Die zu Richtern ernannten Schweine lassen sich durch die Bestimmungen des Gesetzbuches nicht beirren und ziehen erbarmungslos die schon vorbereiteten Urteile aus den Taschen, wie sie es so oft bei Lebzeiten gesehen haben, und wie es Sitte ist auf Erden. –

Der Verurteilte hebt flehend die Hände empor und bricht zusammen.

Das Bild erstarrt – verschwindet und kehrt von

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Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/126&oldid=- (Version vom 31.7.2018)