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nicht ein lebendes Weib an mir vorbeigefahren sei. – – – Noch im Traume verfolgte mich der Eindruck: Das Steinbild des Memnon mit seiner übermenschlichen Ruhe und den leeren Augen in einer modernen Equipage in das Morgenrot fahrend, – immer weiter und weiter durch purpurleuchtende Nebel und wallenden Dunst der Sonne zu. – Die Schatten der Räder und Pferde unendlich lang, – seltsam zerzogen, – grauviolett, wie sie im Lichte des Frühmorgens gespenstergleich über die tauig-nassen Wege zucken.

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Lange Zeit war ich dann auf Reisen und sah die Welt und manches wunderbare Bild, doch haben wenige so auf mich gewirkt wie dieses. – Es gibt Farben und Formen, aus denen unsere Seele wache, lebendige Träume spinnt. – Das Tönen eines Straßengitters in der Nachtstunde unter unserm Fuß, ein Ruderschlag, eine Duftwelle, die scharfen Profile eines roten Häuserdaches, Regentropfen, die auf unsere Hände fallen, – sie sind oft die Zauberworte, die solche Bilder in unser Empfinden zurückwinken; – und es liegt ein tief melancholisches Klingen wie Harfentöne in solchem Erinnerungsfühlen.

Ich kehrte heim und fand Tonio als des Russen Nachfolger bei Mercedes. – Betäubt von Liebe, gefesselt an Herz, – an Sinnen, – gefesselt an Händen, gefesselt an Füßen, – wie jener. – Ich sah, – sprach Mercedes oft: dieselbe zügellose Liebe auch in ihr. – Zuweilen fühlte ich wieder ihren Blick forschend auf mir ruhn.

Wie damals in der Orchideennacht.

In der Wohnung Manuels – unseres gemeinsamen Freundes – kamen wir manchmal zusammen, – Tonio und ich. Und eines Tages saß er dort am Fenster, – gebrochen. Die Züge verzerrt, wie die eines Gefolterten.

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Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/084&oldid=- (Version vom 31.7.2018)