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„Von ‚glauben‘ kann hier gar keine Rede sein. Mit diesen Augen habe ich in Florenz eine von ihm präparierte Kindesleiche gesehen. Ich sage dir, jeder hätte geschworen, daß das Kind bloß schlafe, – keine Spur von Starre, keine Runzeln, keine Falten – sogar die rosa Hautfarbe eines Lebendigen war vorhanden.“

„Hm. – Du denkst, der Perser könne wirklich Axel ermordet und – – –“

„Das weiß ich nicht, Ottokar, aber es ist denn doch unser beider Gewissenspflicht, uns Sicherheit über Axels Schicksal zu verschaffen. – Was, wenn er damals durch irgend ein Gift bloß in eine Art Totenstarre versetzt worden wäre! – Gott, wie habe ich auf dem anatomischen Institut den Ärzten zugeredet, – sie angefleht, noch Wiederbelebungsversuche zu machen. – – – Was wollen Sie denn eigentlich, hieß es, – der Mann ist tot, das ist klar, und ein Eingriff an der Leiche ohne Erlaubnis des Dr. Daraschekoh ist unzulässig. Und Sie wiesen mir den Kontrakt vor, in dem ausdrücklich stand, daß Axel dem jeweiligen Inhaber dieses Scheines seinen Körper nach dem Tode verkaufe und dafür bereits am so und sovielten 500 fl. in Empfang genommen und quittiert habe.“

„Nein, – es ist gräßlich, – und so etwas hat in unserem Jahrhundert noch Gesetzeskraft. – So oft ich daran denke, faßt mich eine namenlose Wut. – Der arme Axel! – Wenn er eine Ahnung gehabt hätte, daß dieser Perser, sein wütendster Feind, der Besitzer des Kontraktes sein könne! – Er war immer der Ansicht, das anatomische Institut selbst – – – – – Und konnte denn der Advokat gar nichts ausrichten? –“

„Alles umsonst. – Nicht einmal das Zeugnis des alten Milchweibes, daß Daraschekoh einmal in seinem Garten bei Sonnenaufgang den Namen Axels so lange verflucht habe, bis ihm im Paroxismus der Schaum

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Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/030&oldid=- (Version vom 31.7.2018)