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Der Weihnachtsabend verlief für mich trostlos. Ich war in schmerzvollster Stimmung, Ernst von einer eigenthümlichen, fast ironisch-verletzenden Lustigkeit, hinter welcher sich eine tiefe Verstimmung barg. Vor zehn Uhr war ich schon wieder zu Hause und lag im Bette. Von der nahen Martinskirche hörte ich noch die zwölfte Stunde schlagen. Endlich schlief ich ein, dumpf, bleiern, ohne Ruhe, ohne Erquickung zu finden.


14.

Am letzten Tage im Jahre fieng es gegen Abend leise zu schneien an. Feine, ganz feine aber feste Schneeflocken fielen lautlos zur Erde, erst nur ganz vereinzelt, dann aber immer dichter und dichter. Ein leichter, aber scharfer Wind blies ihnen dabei zum Tanze auf. In den langen Straßen, die zur Zeit der Abenddämmerung von einem dichten Menschenschwarm erfüllt waren, flammten jetzt die Lichter auf, unzählige Lichter, die einen auf hohen, grün angestrichenen Eisenstangen – ich glaube, so etwas nennt man Laterne – die andern unstet dahinrollend in buntem Farbenwechsel – roth, gelb, grün, blau, violett, und mitten hinein ergoß sich über das beschneite Trottoir das harte, metallisch-weiße

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Arnold Hagenauer: Muspilli. Leipzig 1900, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Muspilli_hagenauer.djvu/046&oldid=- (Version vom 31.7.2018)