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Thusis genannt worden ist:) Sider / Gundis / Ardon / Sallion / oder Schällen / vnd Intremont / seyn aber nur stattliche Flecken / vnnd ist neben der Hauptstatt Sitten / nur ein einiges Stättlein da / nämlich


S. Mauritz / oder Agaunum,

Ein vhralter Ort / Clauß vnd Schlüssel deß gantzen Landes / so zu Winterszeit fast der einige Paß in dieses Land / vnd zwischen dem Fluß Rhodan / vnnd hohem Gebürg / stracks am Felsen / vnnd dem besagten Rhodan / im Vntern Wallis / vnd zu Ende deß Landes gelegen ist. Die Mauren auff der einen Seiten / gegen dem Land Wallis / haben die Wallisser / als sie Anno 1475. S. Moritz eroberten / geschleifft. Ist ein lustig wolerbawtes / vnd wolgelegenes Stättlein / da etliche Römische Antiquitäten zusehen / vnd allda König Sigismund auß Burgund dem H. Mauritio (so / ob dem Stättlein / im lustigen Feld / sampt seinen Christlichen Soldaten / getödtet worden ist) zu Ehren / ein Kloster erbawet / vnd die Gebein der besagten Märtyrer / darin gelegt hat / darvon gleichwol wenig mehr da seyn / wie Munsterus, der sie gesehen / bezeuget. Es gehet vnter dem Stättlein ein steinerne Brück / von einem Gewölb / oder Schwibbogen / vber den Rhodan / so auff der lincken Seiten mit einem Schloß (welches deß Bischoffs von Sitten / vnnd der Ober-Wallisser Landvogt bewohnet) vnd auff der rechten Seiten / gegen der Herrschafft Aelen / vnnd Berner Gebieth / mit einem Thurn vnd Porten wol verwahret ist / also / daß man an diesem Ort das gantze Wallis mit einem Schlüssel beschliessen / vnd mit kleiner Wacht vnd Hut / wol aller Welt vorhalten mag.

Es bestehet der Einwohner Nahrung fast in dem Weinwachs / der ziemblich gut wird / vnd mit dem Viehe: dann Sie wenig Korn haben. Es ist / ausser Sitten / sonsten keine Statt in Wallis / als dieses Stättlein / am Rhodan. Hertzog Carl Emanuel Philibert zu Savoja hat den Cörper deß H. Moritzen / von hinnen / nach Turin bringen lassen / wie Aubertus Miraeus, in Fastis Belg. p. 548. auß Ph. Ferrario, in catalogo Sanctorum Italiae, schreibet / auch am 549. Blat / also saget: Apud eosdem Sabaudiae Duces in magno honore est S. Mauritij annulus. Nam quoties aut Duces moriuntur, aut Imperio cedunt, ad successorem mittunt annulum istum, quasi mutati Imperii Indicem; ut Papirius Massonus in elogiis Ducum Sabaudiae narrat. Daß namlich deß gedachten heyligen Märtyrers Mauritii Ring / bey den Hertzogen von Savoja / in grossen Ehren gehalten werde. Dann so offt Sie entweder sterben / oder sich der Regierung begeben / so schicken Sie ihrem Nachfolger solchen Ring / gleichsamb als eine Anzaig deß veränderten Regiments. Er / Miraeus, meldet deßgleichen / daß zu Angiers in Franckreich / vnnd daselbst in S. Moritzen Haupt-Kirch / sein / deß heiligen Moritzen / Schwerd / in einer silbern Schaiden / auffbehalten werde.


Martinach / oder Octodurum.

Ein alter / vnd vor Jahren vornehmer Ort im Wallisser Land / an einem lustigen Ort gelegen / so eine grosse weite hat / die sich in ein Thal zeucht / das zu Sanct Bernhards Berg führet / vnnd fruchtbar an Getraid / Obs / Futter / vnd dergleichen / ist: deßhalben auch der Landsfürst / oder Bischoff in Wallis / sich offt allda im Schloß auffgehalten hat / ehe es von den Auffrührern Anno 1518. den 15. Januarij / verbrant worden ist. An. 1595. den 24. Maij / ist dieser schöne Marcktfleck Martinach / durch das Wasser / von einem Gletscher vermehrt / dermassen hinweg genommen worden / daß man / wo er gestanden / nicht mehr hat sehen können. Wird aber / sonders zweiffels / seithero wieder seyn auffgerichtet worden. Dann vorhin allda eine grosse Niederlag gewesen / dieweil die Landstraß / so von S. Moritz herein gehet / sich in diesem / ein guten Weg von dem Rhodan hindan / an dem Fluß Dransee / fünff Stunden von Sitten / vnd acht von S. Bernhard / gelegnen Flecken theilet / vnd die eine nach gedachter Statt Sitten hinauff; die ander aber / durch Intremont, über den S. Bernhards Berg / ins Augstthal / vnd auff Augst / so dem Hertzog von Savoja gehörig / gehet.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae. , Frankfurt am Main 1654, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Helvetiae,_Rhaetiae_et_Valesiae_089.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)