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aber gewärmet / vnnd zu Baden / mehrentheils gebraucht wird. Solcher Bronnen seyn zu Langen-Schwalbach fürnemblich zwey / deren der eine der alte; der ander der newe; weil er newlich 1628. auff D. Gregorii Horstii angeben gegraben worden / recht vnter dem Schweffel Keller gegen dem alten vber / genannt wird. Beyde haben den Nahmen von dem Prodeln bekommen. Dann sie prodeln im vndern Flecken / gegen der rechten Hand zu / wann man vom ober Flecken herab kompt / vnder dem Kochbrunnen / mit einem solchen siedenden Getöß auß der Erden herauß / als wann etwan ein groß Fewer darunter were. Der alte ist vber neun Schuch tieff / vnd drey breit / hell / klar / durchsichtig / vnnd kalt / also daß man auch in dem Sommer den Wein darinnen zu kühlen pflegt. Hat von der Quellen einen solchen starcken trieb / daß er / dem ansehen nach / wol ein Mühl-Rad treiben möchte; doch laufft solch Wasser nicht auß; sondern wie es auff der einen Seiten herauß prodelt / also verliehret es sich auff der andern wiederumb; vnnd welches zu verwundern / bleibt der Brunn doch eben voll Wassers / lässet sich / wie auch der newe / in einer kurtzen Zeit außschöpffen / biß auff den Grund / vnnd wird kaum in Tag vnnd Nacht wiederumb voll.

Dann was die starcke Minerische / vnnd Metallische Spiritus, vnnd Schwädder / mit Gewalt / wie ein Wind herauß treiben / das verschlucket das Erdreich meistentheils wiederumb / derowegen es so langsamb mit dem Füllen hergehet.

Gedachte Schwädem seynd so starck / daß / wann einer das Angesicht darüber hält / vnnd etwan den Mund offen hat / ihm anderst nicht wird / als wann er ersticken müste. Wie in etwas bey dem Bollerbad gespüret wird / so sonst nach Schweffel starck ri[e]chet[ws 1] / wie das Abacher nach gerösten Eyern.

Gleich wie nun ein Fränckische Fraw von Adel / welcher bey ihrer Hochzeit Gifft beygebracht worden / darvon sie gantz an Händ vnnd Füssen / erlahmet / den Wein-Brunnen am ersten gebraucht; Also ist ein vornehmer Handelsmann von Heydelberg / Namens N. Heberlein: der erste Badgast gewesen / welcher seine Arm / so von dem Gifft sehr Contract waren / mit solchem Wasser fein warm vnnd fleissig / mit empfindlicher Besserung gewaschen.

Der newe Prodelbronn ligt nahe bey dem alten / vnd ist dem alten an Geschmack / Geruch vnnd Qualiteten gleich. In der Prob befindet sich zu forderst der Alaun / darnach Schweffel / zum dritten Salniter / oder Salpeter / zum vierdten das Crystall Saltz / zum fünfften der gemein Vietriol / zum sechsten der Eysen Vietriol / zum siebenden Kupffer Vietriol / zum achten das Erdbech / zum neunten ein kalckichte Erde.

Diese Wasser ändern sich nicht nach dem Wetter / wie das Berstadter vnnd ander Wasser / sondern bleiben in einem thun / wie das Margareten Bad in Nieder Baden.

Sie trücknen die Hauptflüß vber die massen; wehren dahero dem Schwindel / der Melancholey / Schlaffsucht / Schlag / Gicht / Zittern / Schweren Noth / sausen vnnd brausen der Ohren / dunckelen Augen / helffen der Mundfäul / wie auch Fäulung der Biller / vnnd vestigen die Zähn. Dem blöden / kalten / vnnd Schwachen Magen seynd sie / gleich wie auch allen von Erkältung geschwächten / vnnd erlahmbten Gliedmassen / ein berühmte Artzney. Innerliche obstructiones der Leber / deß Miltzes / vnnd Kröeßgeäders / öffnen sie sehr fein. Sie dienen vor Darmgicht / vnnd Grimmen / von kalter Materi; wie nicht weniger für Schwinden vnnd Abnehmen / wann nur kein Fieber darbey ist. Auch führen sie nit allein den Sand / Grieß vnnd sonsten zähen Schleim / sondern auch Stein in Nieren vnnd Blasen auß: Vertreiben die Geschwulst / so die Natur / nach Vberwindung einer Kranckheit / oder bösen Materi / auß dem Leib / in ein / oder ander Glied getrieben; wie auch die Wassersucht / wann sie nicht gar vberhand genommen. Sie heylen offene Geschwär / oder Schäden / sie seyen alt oder new; Ingleichem allerley Vnreinigkeit / Grind / Räude / beissen vnnd jucken der Haut / sampt dem Schorbock. Sehr viel Podagrämische / Contracte / erlahmte / etc. welche man in das Bad tragen vnnd heben müssen / seynd mit ihrer selbst eygenen grossen Verwunderung widerumb gesund worden: Wie auch einer am Bruch.

Anmerkungen (Wikisource)

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Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Hassiae. Frankfurt am Mayn: Matthäus Merians Erben, 1655, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Hassiae_187.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)