Seite:De Merian Hassiae 047.jpg

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Brücke bey der Narrenburg / Cantzley / Renthoff / Zeug-Frucht-Braw: vnd Saltzhauß / das Theatrum, oder Comoedien-Hauß / etc. besichtiget; so theils von LandGraff Wilhelmen / theils von seinem Herren Sohn / Landgraff Moritzen / erbawet worden. Die Statt ist bey diesen Kriegs-Zeiten noch besser fortificirt worden; auch bißhero mit einiger Belägerung vnangefochten geblieben; Vor Jahren / in Annis 1382. 83. vnnd 1400. hat sie drey Belagerungen außgestanden / vnnd sich erhalten. Anno 1342. ist die Fulda so hoch angelauffen / daß sie in der Newstätter Kirch auff den hohen Altar gestiegen. Wie auch Anno 1643. im Januario / das Wasser also vnversehens vnnd schnell angeloffen kommen / daß man die Fürsten-Personen / so gegen dem Wasser herunder / im Nassawer-Hoff gewohnet / mit Gerüsten / zu den Fenstern herauß / hat erretten müssen. Vnd ob woln es An. 1592. diß Orths auch ein grosses Gewässer geben / ist doch in der Statt Cassel dißmahs vmb 3. Werckschuhe / vnd 4. Zoll / höher gestanden / davon nach Abschiessung deß Wassers / viel Häuser vnnd auch der Wall Schaden gelitten / wie in dem tomo 4. Theatri Europaei fol. 971. a. stehet. Im Jahr 1521. wurden 308. Wohnhäuser durch Verwahrlosung in die Asche gelegt. Auff der H. Drey König Tag ist allhie ein stattlicher Jahrmarckt / sonderlich mit Pferden / so auch auß Frießlandt dahin gebracht werden / Stockfischen / vnnd dergleichen. Der Wollhandel ist der Orth sehr berühmt / wie man dann auch sehr viel Schaaffe auff den hierzu bequemen Wiesen weydet / wie Bertius lib. 3. rer. Germ. pag. 495. hievon zu lesen; vnd es auch Caspar Enß in deliciis apodemicis per Germaniam p. 217. seq. bestättiget; also gar / daß auch die Engelländer / so sonsten stattliche Woll haben / von hier ihre Woll geholet haben / wie dessen Stephan. Ritter 4. Cosmog. metric. pag. 482. gedencket. Es wird sonderlich der Bronne gelobt / welcher Anno 1609. bey dem Dorff Nortzhausen / oder Northusen / nicht weit von Cassel / widerumb entsprungen / welcher in seiner Würckung sehr wundersamb befunden worden / vnnd im selbigem Jahr / zu Cassel / ein Schrifft darvon / durch die Hoff-Medicos, herauß kommen. Es solle dieses Wasser gut seyn zu den Kranckheiten deß Haupts / für die Melancholy / hinfallende Sucht / Catharr Zahnschmertzen / Seitenstechen / wider die Colic / Würme / Nierenwehe / Gliedersucht / vnd andere Kranckheiten / auch das Gehör wider bringen. Etliche Blinde sollen zween Tag das Wasser getruncken / die Augen / Augenlieder / vnd die Stirnen damit gewaschen / vnnd dardurch das Gesicht wider bekommen haben. Seithero deme wir die zweite Edition dieser Topographiae herauß zu geben vnnd zu publiciren im werck begriffen waren / ist vns nachfolgende Beschreibung der Statt Cassel zur hand kommen / welche wir dem günstigen Leser auch communiciren wollen:

Cassel ist die vornembste Fürstliche Residentz / Vestung / Hauptstatt / vnd Ampt / im gantzen Fürstenthumb Hessen / in einem sehr weiten in die runde lauffenden Thal / zu beyden seyten deß Schiffreichen Strohmbs Fulda gelegen. Das Schloß ist gantz von Steinen viereckt / wiewol langlecht / sehr hoch auffgeführt / vnd gantz mit Schieffern gedeckt / ligt sonst abwarts deß Stromhs zur lincken / an einem Hügel / vnnd hat gegen dem Wasser Sud Osten Werts einen solchen schönen Prospect / als weit vnd breyt bey keinem Fürstlichen Hause zu finden; Nord-Ost: vnnd Nord-Westwerts / gehet das Gesicht in die Statt / gegen andere schöne Fürstliche Gebäwe / vnd Plätze / vnd das vierdte Außsehen gegen Sudwest laufft gegen die Rennbahn / vnd auff die Vestung. Inwendig ist es von sehr stattlichen trefflichen gebäwen / Sälen / vnnd Gemächern / etc. wie auch einer sehr schönen / hochgewölbten / in die dritte Wanderung lauffenden Capellen / so gantz vber vnnd vber mit Sprüchen der Heil. Schrifft / beschrieben / hat auch eine grosse / vnd herrliche Orgell / vnd daneben vber einander 2. feine Gemächer / darinnen die Fürstliche Persohnen ihren Stand haben. Die vornembste Säle seynd der güldene / der Rotestein / vnd KuchenSaal / davon der erste ziemblicher Länge / vnnd gantz von steinen gewölbt / in der andern Wanderung / vnd wird daher der güldene genannt / weil Er mit vielem außgehawenen Laubwerck / so alle vergüldet / gezieret ist. Hierin findet man in Lebensgrösse die alte

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Hassiae. Frankfurt am Mayn: Matthäus Merians Erben, 1655, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Hassiae_047.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)