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Parnow / Pernau / Parnovia,

Ein Liflandische kleine Stadt / mit einem starcken Schloß / so alles auff Moscowiterische Art gebauen / und seynd die Mauren herum / auch Thürn / Häuser / Kirchen / Thor / alles von Holtzwerck. Sie hat den Namen von dem Fluß Pernau / oder Parnow / daran sie ligt / und den einer / in seinen Reiß-Verzeichnüssen / Einbeck nennet. Es entspringt aber in einem grossen Wald / unterhalb deß Flusses Beca / und dem Schloß Weissenstein / und nimpt hernach die Wasser Fela / und Pernkeia / zu sich / und fält zwischen Alt- und Neu-Pernow / in das Meer oder Ost-See. Es wird Parnau / vom Werdenhagen zur Landschaft Odenpoa gerechnet / und fur ein Meer- und Hanse-Stadt gehalten; wiewol ihr meistes Gewerb mit Korn ist. Ann. 1635. hielte die Gräfliche Frau Witwe von Thurn / Frau Magdalena / Gebohrne Gräffin von Hardeck / auß Oesterreich / allhie sich wohnhafft auff / deren 2. junge Herren / Herr Christian / und Herr Heinrich / Grafen von Thurn / auch zugegen waren / und lebte ihr Ahnher / der alte Graf Matthes Heinrich von Thurn damaln auch noch / aber anderswo: und starb der geweste Schwedische Obrister / Graff Christian von Thurn / An. 1640. allda. Im Jar 1562. brachte König Erich auß Schweden diese Stadt in seinen Gewalt / die aber An. 1565. die Poln / durch einen sonderlichen List / davon Henning im 2. Theil der Lifländischen Chronic / am 41. Blat zu lesen / samt dem Schloß / und hernach auch An. 1575. den 9. Julii / die Moscowiter durch Ubergab erobert haben. Als darauff der Großfürst das Lifland dem König in Polen cedirte / so ward auch Pernau wieder Polnisch. Aber An. 1617. eroberten diesen Ort die Schweden abermals / denen er auch noch der Zeit gehörig ist.


Pilten /

Ist der Haupt-Ort deß weyland gewesten Churländischen Bisthums / an dem Fluß Weta gelegen / so König Waldemar / der Sieghaffte / auß Dennemarck / Anno 1219. erbawet hat; von dessen Orths Namen / Johan. Isaacius Pontanus lib. 6. Rerum Danicarum fol. 307. zulesen. Allhie hat der Hertzog Magnus zu Holstein / der dieses Stifft dem letzten Bischoff Johann von Münchhausen abgekauft / sein mit deß Großfürsten in der Moscau Bruders Tochter / ehelich erzeugtes Töchterlein / als es über 30. Wochen alt gewesen / Anno 1581. tauffen lassen / und darzu bey 80. Gevattern beschrieben. Was nach seinem Anno 82. allda erfolgten Tode mit dem Bistum sich begeben / davon ist oben / im Eingang dieses Tractats / Meldung geschehen: Ohnangesehen was die Stifftischen vorhero dem Hertzog von Churland in dessen Landes visceribus das Stifft gelegen / und unter einander vermischt ist / und der darfür das schöne herrliche Gebiett Sonnenburg auff der Insel Oesel gelegen / geben wollen / versprochen hatten. Ob aber dieses Stifft heutigs Tags Fürstlich Churländisch / oder Schwedisch seye / daran ermangelt uns mehrer Bericht. Siehe unten Oesel.


Revel / Revalia, Russis Roliva.

Von dieser Stadt schreibet einer / in seinen Reißverzeichnüssen also: Revel ist die andre vorneme Stadt / nach Riga / in Lifland / am Livonischen Meer / und in Esthland gelegen: ist eine Hanse-Stadt / führet 3. Löwen / und gebraucht sich deß Lübeckischen Rechts. Ein anderer / auch in seinen geschriebenen Reisen / saget folgendes: Revel ist ein kleine / aber mächtig veste / lustig / und wolerbaute Stadt in Lifland / ein steinwurff weit von der offenen See: hat ein festes Schloß / so sehr hoch ligt / die Häuser

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae. Eigenverlag, Frankfurt am Mayn 1652, 2. Ausgabe um 1680, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Electoratus_Brandenburgici_et_Ducatus_Pomeraniae_512.png&oldid=- (Version vom 17.5.2023)