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da die Burger etliche Scheuren / und Häuser / wieder gerichtet / und sich damit in Schulden biß an die Ohren gestecket / die Käyserliche über Franckfurt auffs neue wieder herein drungen / Gartz eroberten / und den folgenden Jammer fast ärger / als den ersten macheten. Und ward in diesem 35. Jahr Don Felix / ein Spanier / gegen dem Winter / mit einem gantzen Regiment / in diß arme verbrandte Pyritz gelegt. Anno 36. lag der Obrist-Wachtmeister Milatz vom jungen Borgstorfischen Regiment da / den die Schwedischen da überfielen / ihn fiengen / und fast abermals die gantze Stadt außplünderten; in deme sie das / was dem Feinde zuständig / und ihnen sonst beliebend war / hinauß führeten. Als Anno 37. der Feld-Marschall Bannier nach Pommern flohe / und wegen der anziehenden Käyserischen / viel vornehme vom Adel mit Weib und Kind / auch übrigem Vieh / und Geräthlein / ihr Zuflucht nach Pyritz / und Stargard nahmen; da seynd sie / neben den Burgern / alhie von unterschiedlich Käyserischen Partheyen sehr übel gehalten worden; gleichwol entkamen / durch Hülff eines Teutschen ReuterLeutenants / über 2000. Seelen / und darunter viel schwangere Frauen / die keine Stund mehr zur Geburt Zeit wusten / auch viel kleine Kinderlein / nach dem Plönenbruch / so ein Gestäude / von dannen naher Damm / und Stetin; hatten nicht ein Mund voll Brodts bey sich / waren noch darzu gegen die Nacht in dem nächsten Walde mit einem starcken Regen / und grossem Sturm überfallen / und da eine Haußmutter einer jungen Tochter im Gestäude genaß / und kein Messer / oder Schere mehr übrig war / die Frucht zu lösen / hätten sie beyde den Geist auffgeben müssen / wenn nicht die Wehemutter mit der Ecke eines Lübischen Schillings / den sie noch bißher verborgen gehabt / solch werck verrichtet hätte. Wie dieses alles in obangezogenem 5. Buch / p. 275. 305. seq. 319. seqq. 331. seq. 342. 361. seq. weitläuffiger / auch von den unerhörten Wunderzeichen / in und umb Pyritz / deß 1636. Jahrs / p. 337. seqq. zu lesen / dann es alhie nur Außzugs-weise / und kürtzlichen erzehlet worden ist. An. 1639. nahm sich der Gubernator zu Cüstrin vor / Pyritz zu überfallen / wurde aber von den Schwedischen darüber geschlagen: gleichwol auch diese nachmals im Majo wiederumb darauß getrieben wurden. A. 1642. den 24. Junij / ist alhie Nachts eine Todtenbaar im Mond erschienen / welche etliche Stunde gestanden / und von vielen Leuthen gesehen worden.


Pudgla /

Ein Weiland vornehmes Closter in der Insul Usedom / Praemonstratenser Ordens / so vorhin zu Grobe / oder Grabow / auff diesem Lande Usedom gewesen / und endlich nach Pudgla verlegt worden ist. Ratiborus I. Hertzog in Pommern / hat es nach dem Jahr 1191. erbauet / und mit dem zehenden auß dem Lande zu Lande zu Großwyn begnadiget. Wartislaus VIII. in Pommern hat zu zweymalen zwo güldene Rosen / zu Rom / von zween Päbsten bekommen / die er / als ein grosses Heiligthumb / diesem Closter schenckte. Aber da die Leuthe anfiengen / sich dahin zu verloben / hat sie endlich Heinrich der Apt zerbrochen / damit dem Aberglauben abgeholffen würde. Pudgla ist jetzo ein Ampt. d. Micraelius.


Ratenau /

Diese in dem Churfürstenthumb Brandenburg / und zwar in der Mittel-Marck / an der Havel / fast auff halbem Weg / zwischen Brandenburg und Havelberg / gelegene Stadt / ist umbs Jahr Christi 430. erbauet / hat hiebevor / weil sie gleichsam die Thür ins Stifft Magdeburg ist / zun zeiten Marggraf Jobstens auß Mähren viel erlitten. Nicht weit hievon ligt ein Hügel / auff welchem Anno 1318. neunzehen Marggrafen / wegen Abtheilung ihrer Landen versamlet gewesen /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae. Eigenverlag, Frankfurt am Mayn 1652, 2. Ausgabe um 1680, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Electoratus_Brandenburgici_et_Ducatus_Pomeraniae_270.png&oldid=- (Version vom 30.4.2023)