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schämte ich mich meines inneren Widerstandes, sprach nicht von ihm und versuchte, ihn unter der reifen Weisheit, die mir zufloß, zu ersticken. Großmama verlangte es freilich nicht von mir: sie gab nur, wie sie stets nichts als das eine Bedürfnis hatte, mit dem Besten, was sie besaß, andere zu überschütten. Aber ein junges Pflänzlein ertrinkt nur zu leicht unter der warmen Fülle des Frühlingsregens, die dem starken Baum zur Quelle üppigen Lebens wird.

Mit meiner fortschreitenden Genesung flohen wir die Nähe der Menschen allmählich immer weniger, und ein großer Kreis von Bekannten und Verwandten fand sich allmählich zusammen, aber nur wenige wurden zu unserm ständigen Verkehr und zu Begleitern unsrer langen Spaziergänge. Einen von ihnen hatte ich in Augsburg kennen gelernt: es war Baron Franz Stauffenberg, der gerade damals wegen seiner scharfen oppositionellen Stellung gegen die Wirtschaftspolitik Bismarcks eine in unsern Kreisen berüchtigte und gemiedene Persönlichkeit war. Daß er, der Großgrundbesitzer, Freihändler war und blieb, daß er, der Aristokrat, sich der Fortschrittspartei näherte, machte ihn „unmöglich“.

Großmama stand jenseits solcher Vorurteile. Geist und Bildung zog sie an, gleichgültig, wer ihr Träger auch sein mochte, und Stauffenberg gehörte zu jenen immer seltener werdenden Menschen, die sie an ihre Jugend in Weimar gemahnen konnten, wo der Beruf den Einzelnen noch nicht mit Haut und Haaren auffraß und die Vielseitigkeit lebendiger Interessen einen geselligen Verkehr höherer Art möglich machte. Stauffenberg vermied es sogar, über Politik zu sprechen, während er auf jedem

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Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/219&oldid=- (Version vom 31.7.2018)