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die tiefe, dunkle, kalte Leere meines Herzens. Ich suchte spät Abends im Park nach einem Tuch, das ich irgend wo liegen gelassen hatte, als ich vor mir, eng aneinandergeschmiegt, zwei Menschen gehen sah: unsre Lina, das Stubenmädchen, und Johann, den Kutscher. Von Zeit zu Zeit blieben sie stehen und küßten sich – endlos, verzehrend. „Maria und Josef“, schrie die Lina auf, als sie mich sah, „das gnä Fräuln!“ Mit Wangen, die glühten und Augen, die glänzten, mehr vor Glück als vor Scham, streckte sie die Hände nach mir aus: „Gnä Fräuln werdens nit der Frau Baronin sagen, gel ja?“ bat sie schmeichelnd, „de Liab is ja koan Unrecht nöt. Wers freili so noblich haben kann wie das gnä Fräuln, der ka ruhig aufn Prinzen warten, der glei mitn Trauring kimmt und gradaus in die Kirch eini führt. Aber mir –“ sie lächelte den verlegen daneben stehenden Johann zärtlich an, „mir haben nix als das bissel Liab – und dös – dös müssen wir haben … So red doch auch was, Hannsl!“ Sie stieß ihn aufmunternd in die Seite. „Recht hast!“ stotterte er, „a Freud muß der Mensch haben, so a rechte herzklopfete Freud!“ Es dunkelte mir vor den Augen, laut aufgeschluchzt hätte ich am liebsten. Wie arm, wie schrecklich arm war ich! Aber ich war ja so gut erzogen! So versicherte ich denn das Paar meiner Verschwiegenheit und kehrte in meine „nobliche“ Gefangenschaft zurück.

Während der folgenden Monate in Augsburg wurde meiner Erziehung durch die Einführung in die Wohltätigkeitsbestrebungen der guten Gesellschaft der letzte Schliff gegeben. Meine Tante war Vorstandsmitglied der verschiedensten Vereine und galt allgemein für äußerst

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Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/183&oldid=- (Version vom 31.7.2018)