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Es blieb bei kurzen Besuchen am Rosensee; nur selten holte die Tante uns zum Spazierenfahren ab und unterließ es dabei nie, ihrem Ärger über die Nichte, die eine „gelbe Hopfenstange“ geworden wäre, Luft zu machen. Ich war bisher so gewöhnt gewesen, bewundert zu werden, daß mich ihre Bemerkung einigermaßen in Erstaunen setzte. Der Spiegel sprach für ihre Richtigkeit. Diese Entdeckung steigerte nur meine morose Stimmung. Ich hatte niemanden, der mich ihr hätte entreißen können; Mama hielt mich abwechselnd für unartig oder für launisch; sie befand sich überdies bald in einer ihr sehr angenehmen Gesellschaft und war daher ganz zufrieden, daß ich gar keine Ansprüche an sie stellte, sondern am liebsten allein mit meinem Buch im Hotelgarten saß. Die Bäume darin standen in Reih und Glied, wie Soldaten, und verbargen, trotz ihrer Dürftigkeit, den Kranz der fernen Berge; um aber jedes Gefühl für die Großartigkeit der Natur vollends zu verwischen, plätscherte ein dünner, kleiner Springbrunnen in der Mitte. Hier konnte ich zeitweise vergessen, daß ich dem alten grauen Freund, dem Waxenstein, so nahe und er mir doch so unerreichbar fern war.

Ich blieb nicht lange allein. Ein junger Mensch mit fuchsig rotem Haar und einem Gesicht voll gelber Sommersprossen, der mit seiner Mutter, einer Schriftstellerin, an der Table d’hote neben uns saß, gesellte sich immer häufiger zu mir und rümpfte immer deutlicher die Nase über meine Lektüre. Freilich: das ganze Elend der damaligen Jugendliteratur konnte nicht deutlicher zum Ausdruck kommen als hier. Gegen den gräßlichen Nieritz mit seiner Zuckerwassermoral hatte ich schon selbst protestiert,

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Lily Braun: Memoiren einer Sozialistin. Albert Langen, München 1909, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Memoiren_einer_Sozialistin_-_Lehrjahre_(Braun).djvu/078&oldid=- (Version vom 31.7.2018)