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einer unverantwortlichen Weise zu verlieren), und dann schrieb ich, bis ich ganz steife Finger hatte vor Kälte. Es war nämlich Februar und das Zimmer ungeheizt.

Da entdeckte man mich; ich wurde gescholten wegen der Erkältung, der ich mich ausgesetzt, und gezwungen, heißen Thee zu trinken, aber – „Niklas Z.“ war fertig.

Es war eine sehr kurze traurige Geschichte von einem Schul­meisterssohn, der zugleich ein großes Genie und ein großer Tölpel war; – nebstbei war er auch ein Klaviervirtuose, „er prügelte das Klavier, aber er prügelte es wie ein Gott, und was bei andern ordinäre Tastenabschlachterei gewesen wäre, blieb bei ihm stets noch olympischer Donner.“

Und er verliebte sich in eine Komtesse, die seine Jugendgespielin gewesen und ihm sehr ungeniert schöne Augen machte, weil er eben nur ein Künstler war, und die schließlich sich mit einem Husaren­leutnant verlobte, dem sie nie schöne Augen gemacht, sondern sie stets fein sittsam vor ihm niedergeschlagen, weil er eben ihres­gleichen und sie in ihn verliebt war.

Und dann brachte sich der arme, täppische, warmfühlende Künstler um, und die Komtesse erschrak darüber und weinte bitterlich, da sie ein gutes Herz hatte, und ihm gegenüber nur die besten Absichten gehabt, indem sie so lieb und nett mit ihm gewesen war – aber wie hätte sie sich’s denn träumen lassen können, daß er unvernünftig (ihre Umgebung sagte unverschämt) genug sein würde, sich ernstlich in eine Komtesse zu verlieben. Das war wirklich etwas so Un­geheuerliches, außerhalb ihres Lebensprogramms stehendes, daß sie sich zum Schluß noch ganz naiv die Frage stellte:

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Ossip Schubin: Meine Erstlinge. Verlag von Gebrüder Paetel, 1894, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Meine_erstlinge_Schubin_Ossip.djvu/2&oldid=- (Version vom 31.7.2018)