Seite:De Kinder und Hausmärchen Grimm 1819 V1 v 031.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Aepfeln, der nur dem, wem er mit Recht angehört, gehorcht und folgt. Die Quelle aber, die glänzend über die Steine springt (wie heiliges Wasser in der Edda von den Bergen herabrinnt), ruft den Kindern zu, nicht aus ihr zu trinken, weil sie sonst verwandelt würden. – Weiter reicht schon die höhere Natur, die den Thieren beigelegt wird. Das Pferd Fallada spricht (wie Mimers Haupt), nach dem Tode noch zu seiner Gebieterin. Die Raben weissagen, sie wissen, gleich Odins Raben Huginn und Muninn (d. h. die mit Verstand und Gedächtniß begabten), was in der Welt geschieht. Ueberhaupt aber werden häufig die Vögel als Geister betrachtet. Die Tauben kommen und lesen dem armen Kinde die Erbsen aus der Asche, hacken aber den bösen Schwestern das Aug aus; ein Vöglein wirft dem Vater eine goldene Kette um den Hals, der gottlosen Stiefmutter einen Mühlstein auf den Kopf. Wer das Herz, die Leber, eines Vogels ißt, erhält übernatürliche Kräfte. – Eine der ältesten Spuren der heidnisch-symbolischen Vermischung des Thierischen und Menschlichen, sind die Schwanen-Jungfrauen, welche hier ganz in der Gestalt und Art vorkommen, wie sie von dem alteddischen Wölundslied und den Nibelungen dargestellt werden[1].


  1. Eine Stelle des Gregor von Tours hist. franc. II. 10. verdient zu dem Ganzen hier angeführt zu werden. Sed haec generatio fanaticis semper cultibus visa est obsequium praebuisse nec prorsus agnovere deum; sibique silvarum arque aquarum, avium bestiarumque et aliorum quoque elementorum finxere formas, ipsasque ut deum colere eisque sacrificia delibare consueti.
Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite XXXI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_v_031.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)