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den Füßen, ich kann nicht wieder umkehren. Laßt mich doch in den Himmel ein, ich will gern hinter dem Ofen sitzen und die schlechte Arbeit thun, ich will die kleinen Kinder halten und reinigen, die Windeln waschen, die Bänke, darauf sie gespielt haben, abwischen und säubern, laßt mich nur ein.“ Der heil. Petrus war mitleidig, ließ sich erweichen, und machte dem Schneiderlein die Himmelspforte so weit auf, daß es hereinschlüpfen konnte.

Das geschah etwa um Mittag, als der Herr gerade mit den Erzengeln und dem himmlischen Heer in den Garten gehen und sich erlustigen wollte. Da befahl er dem Schneider, dieweil niemand zugegen wäre, den Himmel in Ordnung zu halten, und zu achten, daß nicht jemand käme und etwas hinaustrüge. „Ja, sprach der Schneider, soll alles gar wohl besorgt werden.“ Als sie nun fortgegangen waren, besah der Schneider alle Gelegenheit im Himmel und stieg zuletzt vollends auf den Stuhl des Herrn, von welchem herab man alles sehen kann, was auf dem ganzen Erdreich geschieht. Da sah er unten auf der Welt ein altes, wüstes Weib bei einem Bache stehen und waschen und sah, wie es heimlich zwei Frauenschleier wegthat und stahl. Und ob er nun gleich im Leben mit dieser Arbeit sich oft abgegeben und der heil. Petrus ihm deshalb den Eingang zum Himmel fast versagt hatte, so gerieth er doch in einen solchen Zorn, daß er des Herrn Schemel, der vor dem Stuhl stand, erwischte, und ihn der alten Diebin hinab in die Rippen warf, daß sie umfiel. Das Weib erschrak, wußte nicht, welcher Teufel nach ihr geworfen, lief heim

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_178.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)