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Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief: „ach! schüttel mich! schüttel mich! wir Aepfel sind alle miteinander reif“ sie antwortete aber: „du kommst mir recht, es könnt mir einer auf den Kopf fallen!“ ging damit weiter. Als sie vor der Frau Holle Haus kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren großen Zähnen schon gehört hatte, und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten Tag that sie sich Gewalt an und war fleißig und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas sagte, denn sie gedachte an das viele Gold, daß sie ihr schenken würde; am zweiten Tag aber fing sie schon an zu faullenzen, am dritten noch mehr, da wollte sie Morgens gar nicht aufstehen, sie machte auch der Frau Holle das Bett schlecht und schüttelte es nicht recht, daß die Federn aufflogen. Das ward die Frau Holle bald müd und sagte der Faulen den Dienst auf. Die war es wohl zufrieden und meinte, nun werde der Goldregen kommen, die Frau Holle führte sie auch zu dem Thor; als sie aber darunter stand, ward statt des Golds ein großer Kessel voll Pech ausgeschüttet. „Das ist zur Belohnung deiner Dienste“ sagte die Frau Holle und schloß das Thor zu. Da kam die Faule heim, ganz mit Pech bedeckt, und das hat ihr Lebtag nicht wieder abgehen wollen. Der Hahn aber auf dem Brunnen, als er sie sah, rief:

„Kikeriki!
unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie!“

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_132.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)