Seite:De Heimatlos (Spyri) 233.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


und man konnte gar nicht absehen, wer von allen das fröhlichste Gesicht am Tische hatte. Vor allem mußte der Riesenkuchen in der Mitte zerschnitten und die Hälfte auf den Boden gelegt werden, daß man Platz bekam, und nun folgte ein Festessen von so fröhlicher Art, daß noch gar nie ein fröhlicheres stattgefunden hat, denn jedem, das an diesem Tisch saß, war sein höchster Wunsch in Erfüllung gegangen.

Wie es nun spät geworden war unter all der Freude und man endlich vom Tisch aufstehen mußte – denn die Trine stand schon lange bereit zum Abholen –, da sagte Andres: „Heut' habt ihr das Fest bereitet, aber auf den Sonntag will ich auch eins bereiten, dann kommt ihr wieder, und das soll das Fest des Einstandes sein für mein Töchterchen.“

Nun schüttelten sich alle die Hände in der frohen Aussicht auf ein neues herrliches Fest und auf die immerwährende Befriedigung, das Wiseli beim Schreiner Andres zu wissen. Unter der Tür aber gab Wiseli dem Otto noch einmal die Hand und sagte:

„Ich danke dir hunderttausendmal für alles Gute, Otto. Der Chäppi hat mir auch nie mehr etwas an den Kopf geworfen, weil er nicht durfte; das habe ich nur dir zu danken.“

„Und ich danke dir auch, Wiseli“, entgegnete Otto; „ich habe gar nie mehr die Fetzen auflesen müssen in der Schule; das habe ich nur dir zu danken.“

„Und ich auch“, behauptete Miezchen, denn es wollte nicht weniger erfreuliche Erfahrungen gemacht haben.

Als nun in dem Stübchen alles still geworden war und der Mondschein leise durchs Fenster hereinkam, bei dem der Schreiner Andres abgesessen war, während das

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_233.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)