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nahm seinen Anfang. Nachdem das erste Gericht vergnüglich verzehrt worden war, erschien eine zugedeckte Schüssel; das war entschieden das Geburtstagsgericht. Der Deckel wurde aufgehoben, und ein prächtiger Blumenkohl stand da, so frisch, als hätte man ihn eben im Garten geholt.

„Das ist ja eine prächtige Blume“, sagte der Vater, „die muß man loben. Aber eigentlich“, fuhr er etwas enttäuscht fort, „suchte ich etwas anderes unter dem Deckel, Artischocken suchte ich; kann man die nicht auch finden irgendwo, wie Blumenkohl? Du weißt, liebe Marie, ich schaue an gedeckten Tischen nach keinem anderen Gerichte so aus, wie nach Artischocken.“

Mit einem Male schrie das Miezchen auf:

„Eben! Eben! Geradeso hat er mir gerufen zweimal, furchtbar, und _so_ hat er den Stecken aufgehoben und _so_“ – und Miezchen fuhr ganz aufgeregt mit ihren Armen in der Luft herum –, aber urplötzlich schwieg sie und fuhr schnell herunter mit ihren Armen bis unter den Tisch und war ganz blutrot geworden, und ihr gegenüber saß Otto mit zornigen Augen und schoß flammende Blicke zu Miezchen hinüber.

„Was ist das für eine seltsame Verherrlichung meines Geburtstages?“ fragte der Vater mit Staunen. „Über den Tisch hin schreit meine Tochter, als wollte man sie umbringen, und unter dem Tisch durch versetzt mir mein Sohn so entsetzliche Stiefelstöße, daß ich blaue Flecken bekomme. Ich möchte wissen, Otto, wo du diese angenehme Unterhaltung gelernt hast.“

Jetzt war die Reihe an Otto, feuerrot zu werden bis unter die Haare hinauf. Er hatte dem Miezchen unter dem

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_218.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)