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dem Wiseli war es darum zu tun, dem Kranken die Sache recht zu machen, und es fragte so lange hin und her, bis es gemerkt hatte, was er essen müsse: eine gute Suppe und ein Stück von dem Fleisch, das im Kasten war, und dann bestand er darauf, das Wiseli müsse noch einen Milchbrei für sich kochen. Es wußte recht gut Bescheid in der Küche, denn es hatte wirklich etwas gelernt bei der Base, wenn auch unter harten Worten; das konnte es doch nun gut gebrauchen. So hatte es in kurzer Zeit alles bereit gemacht, und der Kranke wünschte, daß es ein Tischchen an sein Bett rücke und neben ihm sitze zum Essen, daß er es auch sehen könne und wisse, daß es noch da sei. Ein so vergnügtes Mittagsmahl hatte Wiseli lange nicht genossen, und auch der Schreiner Andres nicht. Als sie damit zu Ende waren, stand das Kind auf; aber Andres sah das nicht gern und sagte:

„Wohin willst du, Wiseli? Willst du nicht noch ein wenig dableiben, oder wird es dir ein bißchen langweilig bei mir?“

„Nein, gewiß nicht“, versicherte Wiseli; „aber nach dem Essen muß man immer aufwaschen und alles wieder sauber auf das Gestell hinaufräumen.“

„Ich weiß schon, wie man's macht“, gestand Andres; „ich habe gedacht, heute nur, so zum ersten Male, könntest du ja nur alles zusammenstellen und dann etwa morgen einmal aufwaschen.“

„Wenn aber die Frau Oberst das sähe, so müßte ich mich fast zu Tode schämen“, und Wiseli machte ein ganz ernsthaftes Gesicht zu seiner Versicherung.

„Ja ja, du hast recht“, beschwichtigte nun Andres. „Mach nur alles, wie du meinst, und geradeso, wie es dir recht ist.“

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_214.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)