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Dann nahm sie schnell Abschied von den Leuten, und als Wiseli dem Vetter-Götti die Hand gab, sagte er:

„Du kommst bald wieder heim, es ist nicht zum Abschiednehmen.“

Jetzt trippelte das Wiseli schweigend und sehr verwundert in seinem Herzen hinter der Frau Oberst her, die rasch über den beschneiten Feldweg hinschritt, so, als befürchtete sie, man könnte sie samt dem Wiseli wieder zurückholen. Als aber der Buchenrain gar nicht mehr zu sehen war, da kehrte sie sich um und stand still.

„Wiseli“, sagte sie freundlich, „kennst du den Schreiner Andres?“

„Ja freilich“, antwortete Wiseli, und ein Lichtstrahl schoß aus des Kindes Augen, als es den Namen hörte. Die Frau Oberst war ein wenig erstaunt.

„Er ist krank“, fuhr sie fort; „willst du ihn ein wenig verpflegen und für ihn tun, was nötig ist, und etwa vierzehn Tage bei ihm bleiben?“

Mehr als Wiselis schnelle und kurze Antwort: „Ja, gern!“ sagte der Frau Oberst sein Gesicht, das ganz von einer hohen Freudenröte übergossen wurde. Die Oberstin sah das gern; doch mußte sie sich verwundern, daß Wiseli eine so besondere Freude zeigte, denn sie wußte nichts von seinem Erlebnis mit dem Andres, aber das Wiseli hatte es nie vergessen. Sie gingen nun wieder weiter. Aber nach einer Weile fügte die Frau Oberst noch bei:

„Du mußt es dann dem Schreiner Andres sagen, daß du so gern zu ihm gekommen bist, Wiseli, er glaubt es sonst nicht; vergiß es nicht.“

„Nein, nein“, versicherte das Kind, „ich denke schon daran.“

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_211.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)