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Zeit dazu, aber es fühlte wohl, wie schön es war, und lief voller Freuden mittendurch.

An demselben Abend, als eben alle Kinder aus der dumpfen Schulstube in den sonnigen Abendschein hinausstürmen wollten, rief der Lehrer ernsthaften Angesichts in den Tumult hinein: „Wer hat die Woche?“

„Der Otto, der Otto!“ rief die ganze Schar und stürmte davon.

„Otto“, sagte der Lehrer in ernstem Ton, „gestern ist hier nicht aufgeräumt worden. Einmal will ich dir verzeihen; aber laß mich dies nicht zum zweiten Male erfahren, sonst müßte die Strafe folgen.“

Otto schaute einen Augenblick auf all’ die Nußschalen und Papierfetzen und Apfelschnitze, die am Boden herumlagen und sollten aufgelesen sein; dann wandte er eilends den Kopf weg und lief ebenfalls zur Tür hinaus, denn der Lehrer war auch schon durch seine Tür verschwunden. Draußen stand Otto auf dem sonnigen Platz still und schaute in den goldenen Abend hinaus und dachte: „Jetzt könnte ich heimgehen, und dann kriegte ich die Kappe voll Kirschen, und dann könnte ich auf dem Braunen ins Feld hinausreiten, wenn der Knecht das Heu holt, und nun soll ich drinnen auf dem Boden Papierfetzen zusammenlesen?“ — und Otto wurde durch seine Gedanken so aufgeregt, daß er ganz grimmig vor sich hin sagte: „Ich wollte, es käme gerade jetzt der jüngste Tag, und das Schulhaus und alles miteinander flöge in tausend Stücken in die Luft hinauf!“ Es blieb aber ringsum still und ruhig und von dem alles beendenden Erdbeben waren keine Anzeichen da. Da kehrte sich endlich Otto wieder der Schultür zu mit einem furchtbaren Grimm auf seinem Gesicht, denn er

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_184.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)