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Wer ist das Wiseli?“ – „Du kannst das Kind und seine Mutter kaum kennen“, sagte die Mama, zu ihrem Manne gewandt; „aber der Onkel Max kennt Wiselis Mutter recht gut. Du kannst dich doch noch auf den mageren Leineweber besinnen, Max, der unser Nachbar war. Er hatte ein einziges Kind mit großen braunen Augen, das oft bei uns im Pfarrhaus war und so schön singen konnte; kommt dir da die Erinnerung daran wieder?“

Bevor aber die weiteren Erinnerungen zur Verhandlung kamen, steckte die alte Trine ihren Kopf zur Tür herein und rief: „Der Schreiner Andres möchte gern der Frau Oberst einen Bericht abgeben, wenn er nicht stört.“ Diese harmlosen Worte bewirkten eine wahre Verheerung in der Gesellschaft. Die Mutter legte den Servierlöffel, mit dem sie soeben dem Onkel entgegenkommen wollte, beiseite, sagte eilig: „Um Entschuldigung, ihr Herren!“ und ging davon. Otto sprang so stürmisch auf, daß er seinen Stuhl hintenhinaus warf und dann selbst darüber stürzte, als er fortgaloppieren wollte. Das Miezchen hatte ähnliche Taten vor, aber der Onkel hatte seine ersten Bewegungen zum Aufruhr gesehen und hielt es nun mit beiden Armen fest. Aber es zappelte jämmerlich und schrie: „Laß los, Onkel, laß los. Im Ernst, ich muß gehen.“

„Wohin denn, Miezchen?“

„Zum Schreiner Andres. Laß schnell los! Hilf, Papa, hilf!“

„Wenn du mir sagst, was du vom Schreiner Andres willst, so lass' ich dich los.“

„Das Schaf hat nur noch zwei Beine und keinen Schwanz, und nur der Schreiner Andres kann ihm helfen. Jetzt laß los.“ Nun stürmte auch das Miezchen fort. Die Herren

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Johanna Spyri: Heimatlos. Gotha 1878, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Heimatlos_(Spyri)_140.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)