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Höhnisch lachend vor den Emir,

Der betroffen stockt und staunet.
„Allah mit dir! Held Schafara!“
Spricht ein Mann mit blut’gem Turban,
„Sieh’, wir kommen, dieses Tages

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Schönste Beute dir zu bringen,

Ein gazellenflüchtig Mädchen.
Wir ergriffen sie im Walfeld,
Wo sie im Gewühl der Leichen
Suchte des Geliebten Antlitz,

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Und man nennt sie Stern von Chaibar.

Dir allein, o Held Schafara,
Ziemt es, nach des Kampfes Dunkel
Dich an diesem Glanz zu sonnen,
Dieses Leibes Wonnebecher

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Auszuschlürfen bis zum Grunde.“ –

Und der Emir steckt das Messer
Langsam in den breiten Gürtel,
Glüht sie an mit dunklem Auge,
Und dann spricht er dumpf und ruhig:

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„Ist der Knabe dort dein Buhle?“

Doch das Mädchen schweigt und zittert,
Und ihr feuchtes Auge flüchtet
Schüchtern zu dem nackten Jüngling,
Der von holder Scham verwirret

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Lächelnd ihrem Blick begegnet, –

Und erröthend schweigen Beide.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_256.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)