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Heimlicher Abschied.

Wie selig blühen deine lichten Wangen
     In sich’rem Schlummer an mein Herz geschmiegt!
Von unglücksel’gen Armen lind umfangen,
     Hat dich mein Kosen trüg’risch eingewiegt.

5
Macht dieser Kuß dein Antlitz nicht erblassen?

     Träumst du denn nicht, daß dieß mein letzter Kuß?
Träumst du denn nicht, daß ich dich nun verlassen,
     Daß ich auf ewig Dich verlassen muß?

Du träumst es nicht! Von Küssen und von Scherzen

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     Glänzt deiner Lippen süße Rosenpracht. –

Ich löse leis dein Haupt von meinem Herzen,
     Und fliehe feig und heimlich durch die Nacht.

Was wähnt’ ich Thor, daß mir ein Glück beschieden,
     Der schon so vieler Herzen Blüthe brach?

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Vor meinen Schritten fliehen Heil und Frieden,

     Und meinen Spuren folgt die Rache nach.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hertz: Gedichte. Hoffman und Campe, Hamburg 1859, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Gedichte_(Hertz_W)_076.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)