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Skandal, – jetz’ wenn i reden könnt aber i kann’s net.“ –

Sie gingen hinaus, bis sich die Menge verlaufen hatte. Dann kehrten sie um, betrachtete erschüttert und empört den nackten schwarzen Erdhaufen, den sie auf das arme unruhige Seelchen gethürmt hatten und pflanzten endlich den Epheu in den lockeren Boden. „Die vielen Wurzeln, sieh, – es hatte keinen Raum mehr in der Scherbe! Da darf es sich ausbreiten.“ Und sorgsam leiteten sie die langen Ranken über die frische Stelle, bis sie in dunklem Grün schimmerte.

In langen sehnsüchtigen Tönen sang eine Amsel in einer Traueresche, während sie arbeiteten. Glashell, krystallklar, lauter Erlösung, Befreiung, Auferstehung. „’s ist, als wär’s der Emilie ihr Geist,“ murmelte die alte Frau, „schauerlich war’s, – aber denk, Vater, wenn wir net kommen wären, gar Niemand hätt’ sie g’habt. So ins Grab müssen, und so e Leichenpredigt!“ – –

Ganz unvermerkt war es dann Ostersonntag geworden, ein strahlend heller Tag. Aber dem alten Pärchen lag ein grauer Schatten auf allem und wollte gar nicht weichen. „Was die Lotte wohl heut’ morgen thut? Jetzt gleich nach dem Fest muß man’s ihr schreiben mit der Emilie; aber i bin z’ feig, es wird ihr arg a’thun[1].“ Zu Mittag hatten sie ein schmales


  1. Anthun, betrüben.
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Ilse Frapan: Flügel auf!. Paetel, Berlin 1895, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Fl%C3%BCgel_auf_Frapan_Ilse.djvu/296&oldid=- (Version vom 31.7.2018)