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Liebe zum Herkömmlichen, als auf jene Anlagen, die einem neuen Jahrhundert zur Ausbildung vorbehalten schienen. Ein tiefer aber seliger Schlummer des theuern Alpenvolkes, über dem das mütterliche Auge der Regierung wachte, empfahl sich als der beste Zustand. Dazu gehörte vor allem Beschwichtigung der noch nachzitternden innern Bewegung, eine hermetische Abschließung gegen außen und eine entsprechende Erziehung durch Kirche und Schule.

Bald nach der Restauration stellte sich heraus, daß auch die Priesterschaft für ihr Belange den Bauern nicht anders wünschte, als der Hof. Wie er diesem gerecht war, so paßte er auf für jene. Man konnte ihn daher vertrauensvoll ihren milden Händen überlassen, und diese nahmen den Pflegling willig auf.

Der tirolische Clerus – denn man kann nicht von den Bauern reden, ohne zugleich von ihm zu sprechen – steht nach jetziger Einrichtung unter den beiden Fürstbischöfen von Brixen und Trient; nur wenige Pfarreien gehören dem Erzstift Salzburg an, dessen Suffragane die beiden tirolischen Bischöfe sind. Die auswärtigen Kirchenhirten, die Bischöfe von Chur, Constanz, Augsburg, Freising, Chiemsee, sind im Jahre 1815 – wie schon unter Joseph II die wälschen Bischöfe von Feltre, Padua und Verona – um alle ihre Diöcesanrechte gekommen, und es zeigte sich auch bei dieser Gelegenheit wieder, wie Oesterreich in bestem Frieden durchführen konnte, was, wenn es Bayern versuchte, die Gemüther auf das tiefste verletzte. Die Zahl der Geistlichen wurde im Jahre 1837 zu zweitausendneunhundertvierundzwanzig angegeben und es traf daher auf zweihundertachtundsiebenzig Menschen ein Priester. Unter jener Zahl mögen etwa fünfhundert Mönche seyn, die in den vier Abteien der Prämonstratenser zu Wilten, der Benedictiner zu Marienberg und Viecht, der Cistercienser zu Stams, in der Augustinerpropstei zu Neustift, in ein paar andern geistlichen Stiftern, endlich in den verschiedenen Mendicantenklöstern leben, deren dreiundvierzig im Lande sind. Weibliche Klöster zählt man zwanzig, in denen über vierhundert Nonnen. Einige davon haben Erziehungsinstitute, deren Leistungen aber sehr gering angeschlagen werden.

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 644. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_652.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)