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Schneelawinen, in einem Waldstrome, oder im Abgrunde eines Bergschlundes ihr Grab. Es ist unnöthig, hier der Jagdgefahren des unvergeßlichen tirolischen Gemsenjägers Maximilian zu erwähnen, da Melchior Pfinzings Theuerdank ohnehin Jedermann bekannt ist. Einen weitern Beweis von der in Tirol vorhanden gewesenen Menge des Wildes geben die Jagdgesetze der alten Landesfürsten und ihr ausschließlicher Vorbehalt einiger Thiere z. B. der Wildschweine im Etschlande und Unterinnthale, von deren Daseyn in diesen Gegenden keine Spur mehr erscheint; ferners die vielen, in den Schlössern und selbst in Bauernhäusern aufgesteckten Hörner, Geweihe und Waffen von Raubthieren. Die Lichtung der Wälder und Auen, die Beurbarung der öden Plätze, die Austrocknung der Sümpfe, vorzüglich aber die allgemeine Bewaffnung des Landvolkes und die von diesem vernachlässigte Befolgung der Waidmannsregeln durften wohl die Ursachen des sehr verminderten Wildstandes in Tirol seyn.“

Diese Verminderung hat in den letzten dreißig Jahren lediglich zugenommen und das edle Waidwerk belohnt sich wenigstens in den bewohnten Gegenden nur mit sehr dürftiger Beute. Manches wunderliche Gethier, das ehemals die Jagd im Hochgebirge gefährlich und reizend machte, ist entweder ganz von der Erde weggeschossen, oder lebt nur mehr in seinen letzten Sprossen. Wir wollen an diesem wohlgelegenen Orte über den ungefähren Bestand der Gegenwart kurz zusammenstellen, was Staffler darüber mittheilt:

Die Steinböcke und die wilden Schweine sind schon seit langer Zeit vertilgt. Der letzte Eber wurde 1700 in den Reisäckern bei Kaltern erlegt. Erstere hielten sich ehedem sehr zahlreich in der Floite auf, einem Hochthal hinter Mayrhofen, das sammt dem größten Theile des Zillerthales vor der Säcularisirung dem Erzstifte Salzburg gehörte. Sie wurden dort von einigen jagdliebenden Erzbischöfen mit besondrer Sorgfalt gehegt. Man besoldete Wächter und baute ihnen Hütten auf den höchsten Bergen, man verbot sogar Ziegen und Schafe auf die hohen Weidgänge zu treiben. Auch die Kühe, die auf den niedern Alpen weideten, durften keine Glocke tragen und

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 571. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_579.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)