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zehn Kinder und lebt jetzt als angesehener Familienvater zu Urteschei.

Käme der Fall öfter vor, so würden wohl auch die Grödner dem nicht entgehen, was man von jenen Lechthalern sagt, die aus den Seestädten zurückkehrten, um in ihrem Geburtsort das Leben zu beschließen. Ach, sagte selbst ein Grödner, als diese frühere Sitte belobt werden wollte, was soll man von diesen Menschen denken, die da in Valencia, in Granada, in Neapel, in den schönsten Gegenden der Christenheit gelebt haben und nun ins kalte langweilige Gröden zurückkehren? Ist’s nicht räthselhaft, wenn sich einer von allen lieben Gewohnheiten losmacht, von allen Freunden und Bekannten, um nach Urteschei zu gehen, wo ihn Niemand mehr kennt, um im Alter auf einem Boden, der ihm fremd geworden, traurig und öde den Tod zu erwarten?

Eine Gefahr, die der Schnitzerei von Gröden täglich drohender gegenüber tritt, ist der Mangel an brauchbarem Werkholz. Dazu wurde ehedem ausschließlich die Zirbelkiefer, Pinus cembra, verwendet, die im Grödnerthal in großen Schlägen aufwuchs. Allmählich haben aber die fleißigen Hände ganze Wälder weggeschnitzt und erst als es zu spät war, überzeugte man sich, daß unter der Gestalt dieser kleinen Pudelchen und Pferdchen, der zierlichen Puppen und spaßhaften Hanswurste weite Forste ins Ausland gewandert waren. Jetzt ist große Noth an Holz und die jungen Waldungen die man zur Abhülfe des Mangels wieder künstlich angepflanzt, können nicht recht gedeihen, weil ihnen die Weidegerechtigkeiten immer hindernd im Wege stehen, würden auch erst bei dem langsamen Wuchs des Baumes im nächsten Jahrhundert ausgiebig zu benützen seyn. Für manche Gattung von Schnitzwerk hat man daher schon angefangen, das weniger geschmeidige Fichtenholz zu bearbeiten, allein es bleiben noch immer viele Sorten, die nur aus dem feinen Zirbelholz geschnitten werden können. Dieses wird denn also mit schwerer Mühe aus dem nächstgelegenen Enneberg oder dem Villnößerthale über die Jöcher hergeholt. Schon Steiner ahnte die kommende Gefahr und rieth durch Cultur und Schonung des

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 426. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_434.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)