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bewahrt. Unter die Häuser des Dorfes sind mehrere adelige Ansitze eingeflochten, jenseits der Kirche aber stehen am Anlauf der Höhe die Trümmer des alten Schlosses der Herren von Brandis, welche in sehr frühen Zeiten von den Ufern der burgundischen Aar einen Zweig an die rhätische Etsch getrieben. Die Brandise haben in der Grafschaft Tirol zu verschiedenen Zeiten hohe Würden bekleidet; ein Graf Clemens von Brandis, um die vaterländische Historie verdient durch seine Geschichte Friedrichs mit der leeren Tasche, ist gegenwärtig Landesgouverneur. Einer seiner Ahnen, der fürstlichen Grafschaft Erbsilberkämmerer, Franz Adam, Graf von Brandis, hat des tirolischen Adlers immergrünendes Ehrenkränzel geschrieben, eine „zusammengezogene Erzählung jeniger schriftwürdigisten Geschichten, so sich in zehn nacheinander gefolgten Herrschungen der fürstlichen Grafschaft Tirol von Noe an bis auf jetzige Zeit zugetragen.“ Es ist zu Bozen im Jahre 1678 gedruckt und wäre zum Nachschlagen über die Geschichte tirolischer Herrschaften, Schlösser und Geschlechter *)[1] nicht übel eingerichtet, wenn man sich nur mehr darauf verlassen könnte. Die Urgeschichte ist zunächst nach Aventin bearbeitet mit den bekannten fabelhaften Namen und Thaten nachsündfluthlicher Könige deutscher Nation. – Unterhalb der alten Veste steht ein junges Landhaus, Neubrandis, jetzt ein Herbstaufenthalt des Grafen Gouverneur.

Jene, welche während des Septembers in Meran verweilen, sollen nicht unterlassen am achten dieses Monats früh Morgens sich in Lana einzufinden. Es wird da große Procession zur Feier Mariä Geburt gehalten, eine Festlichkeit, welche die Ultner, die Passeyrer, die Vintschger und die Leute bis nach Eppan hin heranzieht. Der Gasthof zum Rößl, diesseits der Valzauerbrücke, ist da besonders gut gelegen für


  1. *) Mit vielem Fleiße und schönem Erfolge hat sich dem Studium ritterlicher Genealogien seines Landes der brave Lehrer Kögel in Brixen hingegeben. Ein Anfang zur Veröffentlichung seiner Forschungen ist im elften Bändchen der Zeitschrift des Ferdinandeums gemacht.
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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_366.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)