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gnädig davon kam und sich nachher ebenfalls in einer Kirche des Walserthales mit dem verhängnißvollen Packe auf dem Rücken darstellen ließ.

Partenna ist das letzte Dörfchen im Montavon und auch das armseligste. Das Sträßchen, das bis hierher geleitet, versiegt in den Wiesen, das Thal ist hier zu Ende, zu Ende auch die milde Anmuth, die Gerstenfelder und die Obstbäume. Der zackige Zeinis steigt grün und schwarz empor und blickt sehr ernst herab – rechts steht Trumenier, links Tafamont, beides ansehnliche Höhen. Alle drei zusammen bilden die Sackgasse, in welche die Thalsohle ausläuft – Trumenier, tru de miniera, zu Deutsch der Weg des Bergwerks, erinnert aber auch noch an den ehemaligen, nun versiegten Bergsegen im Montavon, das vordem außer den Silbergruben im Silberthale auch noch acht Schmelzöfen zur Verarbeitung des hier gegrabenen Eisenerzes zählte. Die Ill, die von Partenna bis Bludenz fast in gerader Linie läuft, kommt etwas hinter dem Dorfe aus einem schrägen Seitenthale heraus, ein schreiender Bach, der jetzt erst anfängt seine Zuflüsse zu sammeln und sich zu stärken. Die Luft ist kälter, reiner, alpenmäßiger – sie mahnt an die Gletscher, die nun auf keinen Fall mehr ferne seyn können, wenn auch auf den Häuptern des Zeinis nur etliche schmale Schneestreifen liegen.

Als ich nun so enthalb Partenna auf dem Wiesenpfade stand und den Zeinis betrachtete, an dem ich jetzt hinaufklettern sollte, daher auch ganz scharf an seinen Halden hinlugte, um mir den Weg von unten auf vorzuzeichnen – er schien dabei allerwege ein beträchtliches Joch und die Freude an seinem Rücken hinanzuklimmen war nicht halb so groß, als die Sehnsucht nach dem Alpenwirthshaus, das auf seinem Haupte zu finden seyn sollte – als ich so meinen Betrachtungen nachhing, nahte sich ein Bäuerlein, fragte freundlich, woher ich sey, und als wir mit Red’ und Antwort immer tiefer ins Gespräch gerathen, meinte er, für solch einen Herrn, wie ich einer – ich hatte nämlich seine Frage, ob ich die Berge zeichne, mit Ja beantwortet – für einen solchen Menschen wär’ es ganz unerläßlich, in Vermunt hineinzugehen und nicht über Zeinis. Vermunt

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_130.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)