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Lẅan nieder und schrieb ihm einen Gesang in alter Weise. Folgendes ist ein kurzer Auszug daraus:

„Ach, noch erinnere ich mich sehr wohl des glücklichen Tages, des Tingmingfestes – jetzt längst vergangen –

Als ich Dir zufällig zum ersten Mal begegnete und unsere gegenseitige Bekanntschaft sich anknüpfte! –

Dann folgten die Freuden unschuldiger Liebeleien und unsere Briefchen kamen und gingen wechselsweise, –

Bis tiefere Liebe in meinem Busen entflammte; ach, ich denke daran unaufhörlich! –

Die goldene Kette an des Herrschers Thor[1] gab unseren vereinigten Kräften nach, –

Und Hand in Hand, Seite an Seite, schweiften wir durch den gemalten Thurm!

Fröhlich nahmen wir dann die azurne Fiber[2] und banden unsere Schicksale auf Leben und Tod zusammen, –

Und schwuren bei den Hügeln und schwuren bei den Seen, dass wir uns unermesslich lieben wollten, –

Aber wie sich die weissen Wolken in der Ferne zerstreuen und das grüne Gras bald schwindet, –


  1. Die Thür des Harems.
  2. Unser seidenes Haar. Unter den Chinesen herrscht die Sitte, dass, wenn sie einen Knaben und ein Mädchen in der frühesten Jugend mit einander verloben, sie eine Haarlocke von Beiden in einen Wasserbehälter werfen. Wenn die zwei Haarlocken sich gegenseitig anziehen und umwinden, so wird es als ein gutes Omen angesehen, für ein böses hingegen, wenn sie sich abstossen.
Empfohlene Zitierweise:
unbekannt, Adolf Böttger (Übersetzer): Die blutige Rache einer jungen Frau. Wilhelm Jurany, Leipzig 1847, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_blutige_Rache_einer_jungen_Frau.djvu/062&oldid=- (Version vom 31.7.2018)