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Meine Liebe! diesen Abend in der Dämmerung, wenn der Mond so trüb’ und einsam ist wie wir –

Wirst Du mein Herz erhören und erleichtern, indess wir einander die Hände drücken!“

Keaou Lẅan hatte dies kaum durchlesen, als sie auch schon folgenden Brief als Erwiderung schrieb. Als Überschrift diente: „Keaou Lẅan, der Liebling des Hauptes der Militärstation, sendet Dir dieses zierlose Schreiben mit den besten Grüssen.

Wenn die blanke Lilie die Oberfläche der kristallenen Welle berührt, und die Gewebe der Sommerfäden spielend an meine Vorhänge fliegen – lausche ich vor dem Pavillon dem Ostwinde[1] und bete den klaren Mond an; und höre von fern die Töne des einsamen Kuckuks[2]! Oder ich steh unter dem Fenster, färbe meine Augenbrauen und suche dann meine traurigen Tage hinzubringen, indem ich Yuen und Yang sticke[3]. Eben als ich meine Toilette unmuthig beendet, legte man plötzlich Dein Gedicht auf den duftigen Tisch. Jetzt erst beginne ich Deine Gefühle zu verstehen, und dass ich die grenzenlos geliebte Herrin Deines Herzens bin. Ach! die unglückliche Schönheit ist zu bemitleiden, die durch Kummer ihren schrankenlos liebenden Geliebten tödtet! Wenn Deine Briefe kommen, so verdoppeln sie nur


  1. Der Ostwind bezeichnet die Untreue des Geliebten.
  2. Der Kuckuk ist das Sinnbild für diejenigen, die ohne eine Lebensgenossin gefunden zu haben, ihr Leben hinbringen.
  3. Yuen und Yang oder Mandarin-Entrich und Ente (eine eigene Art Haubenente in China) auch die Embleme der Ehe.
Empfohlene Zitierweise:
unbekannt, Adolf Böttger (Übersetzer): Die blutige Rache einer jungen Frau. Wilhelm Jurany, Leipzig 1847, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_blutige_Rache_einer_jungen_Frau.djvu/031&oldid=- (Version vom 31.7.2018)