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Wenn Du einwilligst, dass der männliche und weibliche Phönix[1] auf dem nämlichen Zweige ruhe. –

Wird die ganze Nacht hindurch der Klang ihrer freudvollen Gesänge in den neunten Himmel steigen! –

Und wo bleibt das Tuch! rief Minghea aus, ihr seid also nicht Willens, mirs zurückzugeben, und fertigt mich mit so einer Poesie ab! Die soll ich überbringen? Schickt wen ihr wollt. – Ich nehme sie nicht an – ich nicht! –

Tingchang zog darauf eine goldne Haarnadel aus seinem Ärmel und sagte: „Mein allerliebstes, hübsches Mädchen, ich bitte dich dies als ein kleines Zeichen meiner hohen Achtung anzunehmen und hoffe auf Deine grosse Güte, mit der Du Deinem jungen Fräulein meine herzlichsten Grüsse überbringen wirst.“ Minghea gelüstete nach der goldnen Nadel, und ohne ein Wort zu sagen, nahm sie das Gedicht und händigte es ihrer Herrin ein. – Keaou Lẅan ward nach Lesung der Zeilen betrübt und bekümmert, und schien gar nicht damit einverstanden. Minghea suchte zu erforschen, ob irgend ein Wort oder ein Ausdruck in dem Schreiben vorhanden, wodurch das Zartgefühl ihres Fräuleins beleidigt worden. Keaou Lẅan aber sagte: „Der junge Gelehrte ist ein leichtfertiger und spöttischer Bursche, seine Verse suchen mich nur lächerlich zu machen.“


  1. Sinnbild der ehelichen Liebe bei den Chinesen. Der Ausdruck männlich und weiblicher Phönix wird oft auch von Liebenden gebraucht, obwohl die Hochzeitsceremonien noch gar nicht zwischen ihnen vollzogen sind. Siehe Note BB zu Ende.
Empfohlene Zitierweise:
unbekannt, Adolf Böttger (Übersetzer): Die blutige Rache einer jungen Frau. Wilhelm Jurany, Leipzig 1847, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_blutige_Rache_einer_jungen_Frau.djvu/023&oldid=- (Version vom 31.7.2018)