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„Perrückenmacher und Lakaien sind die Richter der Talente geworden; ich aber habe meine Erfolge nur dem Urteil der besten Kreise verdankt; soll ich mich dazu hergeben, mich von der crapule kritisieren zu lassen,“ erklärte sie, und wir widersprachen nicht mehr.

Ein paar Tage später sandte sie mir eine Karikatur: unter federn geschmückter Perrücke eine Frau mit geschminktem Totenkopf, unter dem rosa Gazeröckchen ein Knochenbein in die Luft werfend –, „das Skelett der Grazien“ stand daneben, „der Dank der Pariser“ auf der anderen Seite in der Schrift der Guimard.

Es ist heimlicher in Ihrer alten Gespensterburg, süße Delphine, als mitten in Paris.







Graf Guibert an Delphine.
Paris, den 23. August 1788.


Meine teuerste Marquise. Noch fühle ich Ihre Atmosphäre um mich und bin doch schon über zwei Wochen in Paris. Ich glaube, sie kann sich nie mehr verflüchtigen, denn sie ist, – das haben Sie mir ja rasch und deutlich genug zu verstehen gegeben –, nicht jene von flüchtigen Liebesspielen parfümierte Salonluft, die dem bloßen offnen Fenster weicht, sondern die herbe Luft der Vogesen selbst.

Ich kenne Frauen – sehr wenige nur! – die in ihrer Ehe die Erfüllung ihrer Glücksträume fanden.

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/452&oldid=- (Version vom 31.7.2018)