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weil auch Deine Freundin Clarisse ihr Vermögen dabei verloren haben dürfte. Zahllose arme Leute, unter anderem seine eigene Dienerschaft, die dem Prinzen in ehrfürchtigem Vertrauen ihr bißchen Erspartes überließen, hat sein verbrecherischer Leichtsinn an den Bettelstab gebracht. Daß die Empörung eine allgemeine ist und, statt des Zorns gegen die Vorrechte der Stände den persönlichen Haß gegen den einzelnen Aristokraten züchtet, ist nur allzu begreiflich.

Ich habe heute, zum Teil auch infolge dieses Ereignisses, sehr viel Korrespondenz zu erledigen und muß mich daher des Glücks Deiner Nähe berauben.

Sieh, meine Delphine, nun steht dieser Satz schwarz auf weiß auf dem Papier, damit Du selber erfahren sollst, daß ich nahe daran war, Dich zu belügen! Nein: es gibt keine Arbeit, die mir die Möglichkeit nehmen könnte, Dich, – und wäre es nur auf Minuten –, in meine Arme zu schließen. Aber zuweilen ist mir, als könnte ich mich vor mir selbst nicht mehr sehen lassen, geschweige denn vor Dir! Gestern, als der Marquis zum ersten Male, seit ich in Straßburg bin, den Abend mit uns verbrachte und das Gespräch nur schwerfällig von der Stelle kroch, von Pausen unterbrochen, die endlos schienen, wobei Du jedesmal von wachsender Glut überhaucht das Köpfchen senktest, während er, schmal, müde, grau, die

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/336&oldid=- (Version vom 31.7.2018)