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sich in der Kommentierung seiner Worte ins Maßlose verloren, kam – ich will's nicht leugnen – etwas wie ein Gefühl innerer Feindschaft über mich. Diese Männer mit den rohen Begierden, beherrscht vom Rachedurst, mehr als vom Durst nach politischer Freiheit, sollten je die Macht in ihren harten Fäusten haben?! Wäre letzten Endes die Tyrannei der Masse nicht fürchterlicher, als die des Einzelnen?

Als ich dann am Abend einer Einladung unseres neuen Schatzmeisters der Marine, Herrn Boutin, nach seinem herrlichen Lustschloß gefolgt war, wo eine Gesellschaft von einigen hundert Herren auf goldenen Schüsseln mit allen Delikatessen der Welt bewirtet wurde, schämte ich mich eines Gefühls, das zwar einem Aristokraten natürlich, für einen Bürger des heutigen Frankreich aber nichts als ein Zeichen jämmerlicher Feigheit ist. Selbst wenn die Masse uns erdrücken sollte, hat nur die Gerechtigkeit gesiegt. Wir haben unser Leben verwirkt.

Verzeiht mir meine süße Delphine, daß es Momente gibt, in denen meine Gedanken sich von ihr verirren? Du mußt verzeihen; denn sieh: auch die allerentferntesten lege ich schließlich Dir, meine einzig Geliebte, zu Füßen!

Werde ich bald von Dir hören und wissen, wie Du die Reise bis Straßburg überstanden hast? Und wann, Geliebteste, – ach wann! – werde ich Dich wieder umarmen können?!

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/332&oldid=- (Version vom 31.7.2018)