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daß einer der Ersten im Lande die Vernunft für gerettet, die Wahrheit für siegreich erklärt!

Ach, Delphine, wer sich in die Einsamkeit zu flüchten vermöchte, fern all den wirren Stimmen der Gegenwart! Ich denke oft des weißen Schlößchens zwischen geschnittenen Laubengängen, und des Schwanenweihers davor und des kleinen hellen Tempels auf grüner Wiese!

Aber die Zeit ist zu hart, als daß wir uns erlauben könnten, sentimental zu werden. Wir dürften nicht einmal fröhlich sein. Ich würde mich der Teilnahme an den kommenden Festen schämen, wenn Ihre Anwesenheit nicht alles entschuldigte. Nur zum Komödianten, mit anderen Worten: zum Spaßmacher der Gesellschaft, vermöchte ich mich nicht herzugeben; – es tut mir weh, daß Sie dazu imstande sind! Zürnen Sie mir nicht wegen meiner Offenherzigkeit! Das Verstecken alles wahren Gefühls hat die allgemeine Verlogenheit so sehr züchten helfen, daß ich lieber grob und grade bin wie die Amerikaner.



Graf Guy Chevreuse an Delphine.
Versailles, am 6. Mai 1782.


Ihre Absage, schönste Frau Marquise, können wir nicht gelten lassen; Sie stören unser ganzes Ensemble, die künstlerische Einheit und vor allem: das Vergnügen der Gäste, die reizendste der drei

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/313&oldid=- (Version vom 31.7.2018)