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neue Entdeckungen und Erfindungen ausgezeichnet.“ Aber ich habe nicht gefunden, daß Frankreich darum reicher und glücklicher geworden ist: die Spinnmaschine lockt arme Weiber in den Frohndienst der Fabriken; die Elektrizität dient Nichtstuern zu amüsanten Experimenten, Blanchards famose Flugmaschine ist nichts weiter als ein neues Seiltänzerkunststück.

Und mit Emphase schloß der Redner, während seine Stimme melodisch anschwoll, als stände nicht der Gelehrte Condorcet, sondern der tragische Mime Le Kain auf der Tribüne: „Als Zeugen der letzten Anstrengungen der Unwissenheit und des Irrtums sehen wir, daß die Vernunft aus diesem langen schweren Kampf siegreich hervorgegangen ist, und können endlich ausrufen: die Wahrheit hat gesiegt! Die Vernunft ist gerettet.“

„Cagliostro!“ rief jemand und ein Degen klirrte heftig gegen die Dielen. Sie sahen sich erschrocken um; Sie fühlten wohl, daß nur ein Verwilderter, wie ich, sich so formlos hatte benehmen können!

Ich versichere Sie, die Empörung schnürt mir noch jetzt die Kehle zusammen: nach drei Jahren der Abwesenheit kehre ich wieder, finde den Ruin vor der Türe, die Angst um die Existenz in den Mienen eines Jeden, sehe die Einen in sinnloser Furcht fremden Gauklern in die Arme laufen, die Anderen ihren Zorn in nichts weiter als Reden und Journalartikeln Luft machen, und muß erleben,

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/312&oldid=- (Version vom 31.7.2018)