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die Königin lebhaftes Interesse für die Wunder Cagliostros zu haben. Als er ihr auf meine Veranlassung von seinen Leistungen berichtete, rief sie mit leuchtenden Augen: „Er macht Brillanten!“ und klatschte wie ein glückliches Kind in die Hände dabei. Leider ist es mir jedoch noch immer nicht gelungen, eine persönliche Audienz durchzusetzen, von der so viel abhängen würde. Der Einfluß der Gräfin Polignac ist stärker denn je; sie weiß ihn mit wahrhaft infernalischer Klugheit für sich und ihre Familie auszunutzen, was nichts anderes bedeutet, als daß sie die Rohans und ihre Anhänger fern hält. Ich hatte gehofft, der Königin bei dem Einweihungsfest des kleinen Theaters von Trianon den Grafen im geheimen vorstellen zu können, aber die Späheraugen der Partei Polignac verhinderten geschickt jede Annäherung.

Wie bedauerte ich an einem zauberhaften Abend wie diesem, Sie, schönste Marquise, nicht unter uns zu wissen. Das kleine goldstrotzende Theater, das von außen ganz den Charakter eines Tempels, von innen den eines liebesschwülen Boudoirs besitzt, ist der passendste Rahmen für das graziöse Spiel unserer reizenden Königin. Sie war eine Soubrette, der man es glauben kann, daß der Liebhaber, den Herr von Vaudreuil mit dem natürlichsten Feuer spielte, aus unbefriedigter Sehnsucht wahnsinnig werden kann. Das Stück des Herrn Sedaine – der König und der Bauer – ist freilich etwas schlüpfrig und

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/275&oldid=- (Version vom 31.7.2018)