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wie Sie wissen, seit zwei Jahren am Herzen leide, ging ich zu Doktor Mesmer. Er heilte mich nicht, – seinem Magnetismus wirkt offenbar ein stärkerer entgegen! – aber sonst heilt er alles, selbst chronischen Blödsinn. Wir sind infolgedessen in Versailles erstaunlich geistreich geworden. Wollen Sie ernstere Beweise für seine Zauberkünste? Fragen Sie die Gräfin Polignac, die ihre Vapeurs, den Herrn von Champcenetz, der seine böse Zunge verloren hat, die Prinzessin Guéménée, die einen üppigen Busen bekam, und den Herzog von Orleans, dem die Haare wieder gewachsen sind. Am besten tun Sie aber, wenn Sie selber kommen! Mesmer heilt Ihren Sohn von seiner Krankheit, und Paris heilt Sie von der Philosophie.

Seit der Deklaration unseres offenen Bündnisses mit Amerika sind wir der Reden satt geworden und dürsten nach Taten: Der Herzog von Chartres, der im Gefecht von Quessant das erste Pulver gerochen hatte, wurde in der Oper gefeiert wie ein zweiter Turenne. Kriegshelden mit Lorbeeren zu schmücken ist etwas Neues für die Pariser und sich freuen zu können, ist, nachdem sie seit Wochen keine Zeit mehr hatten, lustig zu sein, ein so erfrischender Zustand, daß sie Siegeshymnen singen, wenn ein Franzose einem Engländer auch nur einen Nasenstüber versetzt.

Voltaire und Rousseau zu betrauern war notwendig, in Rücksicht auf unser Ansehen in Europa,


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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/231&oldid=- (Version vom 31.7.2018)