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erreichten die Priester die Entfernung der Gräfin.

Wenige Stunden nach dem Tode des Königs kam ich nach Paris. Überall begegnete ich jubelnden Volksmassen und das „Es lebe Ludwig XVI.“ klang in allen Gassen wieder. So antipathisch mir sonst jeder öffentliche Auflauf ist, in diesem Falle fühlte ich mich durch die Gesinnung mit dem Pöbel eins.

Die erschütternden Ereignisse, die die Geschicke Frankreichs umgestalten werden, haben die persönlichen Differenzen zwischen Ihnen und mir, wie sie kurz vor meiner beschleunigten Abreise von Froberg in Erscheinung traten, in den Hintergrund gedrängt. Ich denke jetzt ruhiger darüber, da ich annehme, daß Ihr Verhalten nur eine Folge der Beschwerden ist, die Ihr Zustand Ihnen verursacht. Ich will mich bemühen, Sie wie eine Kranke zu behandeln, möchte Sie jedoch nur daran erinnern, daß es bei Frauen von guter Erziehung bisher selbstverständlich war, sich auch in der peinlichsten Lebenslage zu beherrschen. Ich verstehe noch heute nicht, wie die liebenswürdige Einladung der Fürstin Montbéliard, und mein Wunsch, durch Ihre Zusage die freundnachbarlichen Beziehungen aufrecht zu erhalten, Ihre Aufregung verursachen konnte. Die Fürstin ist Ihnen, nach Ihrer eigenen Versicherung eine zweite Mutter gewesen, sie sprach in ihrem Brief ausdrücklich

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Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. München 1912, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Liebesbriefe_der_Marquise_(Braun).djvu/084&oldid=- (Version vom 31.7.2018)