unbekannt: Die Frau | |
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ahnt, der ihr ihre Siege, ihre Triumphe, ihr ganzes Glück auf einmal rauben kann. Daher auch augenblicklich die Intrigue die Hauptrolle übernimmt und sich ausbildet, wo halbwegs interessante und geistreiche Frauen in einen häufigeren Verkehr treten. Bei minder geistreichen und gemeineren Naturen artet es in die weit berühmte, in alle Verhältnisse Unheil oder wenigstens Mißstimmung bringende Klatschsucht.
Sonderbar, daß die Frau überhaupt als einzelne Erscheinung gewinnt. Nicht etwa, daß ihr der Vergleich immer Schaden brächte, nein, es ist mehr Harmonie und Ruhe in ihrem ganzen Wesen, die Grazie ihrer Bewegungen und ihres Geistes sind freier. Ich habe Frauen gesehen mit Heiterkeit und Anmuth einen Kreis beherrschen; kaum gesellten sich mehrere ihres Geschlechtes dazu, und ohne Gründe besonderer Rivalität wurden sie einsilbig, langweilig, oder bitter und aufgeregt bei jedem Ideenaustausch. In der Regel – keine ohne Ausnahmen – vertragen und mögen sich die Frauen selten und sind beinahe nie ganz wahr gegen sich. Jene exaltirten schwärmerischen Liebesfreundschaften zwischen zwei weiblichen Wesen, die sind nur in der allerersten Jugend begreiflich und verzeihlich, wo das sich füllende Herz sich nicht mehr mit dem Kanarienvogel
unbekannt: Die Frau. Carl Winiker, Brünn 1859, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_Frau_anonym_1859.djvu/9&oldid=- (Version vom 21.11.2023)